Arbeitslosigkeit, schlechte Arbeit: Inspiration

 

INSPIRATION

 

Die Industrie, Geschäfts- und Bankenwelt
Das System hat seine eignen Regeln
Ein Block für sich mit Übermacht
Es gilt: Der Mensch ist für die Wirtschaft da

Dafür geeignet ist er nicht so sehr
Leib-haftig, Organismus noch
Auch Müdigkeit und Schwäche
Sie konnten nicht beseitigt werden

Die zwei Welten harmonieren nicht
Dumpinglohn und Leistungsdruck
Für Rechner und Maschinen: ja
Für Kreislauf, Atem, Leben: nein

Mit Kopf und Hand gestalten
Der Antrieb kommt von innen
Sein Selbst zum Ausdruck bringen
Das könnte Leben sein

Hans Bischlager

(Hans Bischlager, Entschieden wird im Untergrund. Politische Gedichte, Hamburg 2017, S. 45)

 

Und Jahwe Gott nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.

1. Mose 2,15

 

Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat.

Jesus von Nazaret (Markus 2,27)

 

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung gesetzlich geschützt.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 139)

 

1. Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
2. Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
3. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
4. Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948

 

Der arbeitende Mensch führt das historische Projekt der Menschheit aus. Theologisch gesprochen ist der Arbeiter das lebendige Symbol für den unablässig weitergehenden Prozess der Schöpfung. Entfremdung durch entfremdete Arbeit ist deshalb ein Angriff auf die Schöpfung selbst; Entfremdung verneint die Bestimmung des Menschen. Einem Menschen die Möglichkeit zu lebensnotwendiger und erfüllter Arbeit zu nehmen heißt, ihm seine Gottesebenbildlichkeit zu bestreiten. Menschen, denen man keine menschenwürdige Arbeit gibt, behandelt man als austauschbare Schräubchen im Räderwerk des Produktionsprozesses, die es nicht verdienen, am Schöpfungsprozess, der in Arbeit, Praxis und Selbstbetätigung zur Entfaltung kommt, Anteil zu haben. Wenn wir aus der Praxis der Selbstverwirklichung, die wir ‚Arbeit‘ nennen, und der Hingabe, die wir ‚Liebe‘ nennen, eine Ware machen, so trennen wir uns vom Ursprung des Lebens.

Dorothee Sölle, lieben und arbeiten. Eine Theologie der Schöpfung, Kreuz Verlag, Stuttgart 1985, 2. Auflage, S. 95

 

Für das afrikanische Bewusstsein wird man gerade, indem man Gutes tut, zum vollwertigen Menschen. Durch das Wirken für andere erlangst du eine Seele. Je selbstischer, je selbstbezogener du bist, desto weniger bist du dir deiner Gemeinschaft bewusst, desto toter ist deine Seele. Dies kommt im Wortschatz einer der Eingeborenensprachen Südafrikas zum Ausdruck. Im Setswana gibt es zwei Wörter für „Arbeit“: Das eine lautet bereka, das sich von werk aus dem Afrikaans herleitet. Es heißt soviel wie „möglichst wenig Arbeit für möglichst viel Geld“. Das Wort dira hingegen ist ein vorkolonialer Begriff, der sich auf Arbeit bezieht, von der alle profitieren, Arbeiten, die die Gemeinschaft und ihre Ganzheit ernähren und stützen – zum Beispiel pflanzen, ernten, kochen, säen.

Antjie Krog, Afrikas Menschlichkeit. „Ich spreche und halte dein Herz,
damit du verstehst, was ich dir sage“,
in: Lettre International 83/2008, S. 122–125. Zitat S. 124

 

…jede konkrete konvivialistische Politik muss notwendig Folgendes berücksichtigen: (…) Die zwingende Pflicht, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen und jedem Einzelnen eine anerkannte Funktion und Rolle in gemeinschaftsdienlichen Tätigkeiten zu bieten.

Les Convivialistes, Das konvivialistische Manifest.
Für eine neue Kunst des Zusammenlebens, Bielefeld 2014, S. 74ff.

 

Meine Arbeit wäre [im Kommunismus] freie Lebensäußerung, daher Genuß des Lebens. Unter der Voraussetzung des Privateigentums ist sie Lebensentäußrung, denn ich arbeite, um zu leben, um mir ein Mittel des Lebens zu verschaffen.

Karl Marx, MEW 40, S. 463

 

Wir werden beweisen, […] dass Überlegenheit der Talente und des Fleißes nur ein Märchen, ein blendender Betrug ist, der zu allen Zeiten den Komplotten der Verschwörer gegen die Gleichheit einen Schein von Rechtfertigung verschafft hat.
Dass die Unterschiede des Wertes und des Verdienstes am Produkt der Arbeit der Menschen nur auf der Ansicht beruhen, die einige von ihnen darüber gehegt und zum Sieg verholfen haben. Dass zweifellos zu Unrecht auf Grund dieser Ansicht der Arbeitstag dessen, der eine Uhr macht, zwanzigmal höher geschätzt wird als der Arbeitstag dessen, der Furchen zieht.
Dass jedoch nur dank dieser falschen Schätzung der Verdienst des Uhrmachers diesen befähigt, das Erbteil von zwanzig Arbeitern an der Pflugschar zu erwerben, die er auf derartige Weise enteignet hat. Dass alle Proletarier nur zu solchen geworden sind infolge des gleichen Schwindels in der Anwendung von Vergleichsmaßstäben, die alle ausschließlich auf dem Unterschied des Wertes beruhen, der den Sachen bloß auf Geheiß jener Ansicht beigemessen wird. Dass es widersinnig und ungerecht ist, eine größere Belohnung für denjenigen zu verlangen, dessen Arbeit einen höheren Grad von Intelligenz, mehr Fleiß und geistige Anstrengung erfordert; dass diese keineswegs die Kapazität seines Magens vergrößern.
Dass kein Grund angeführt werden kann zur Rechtfertigung einer Belohnung, welche die Befriedigung des individuellen Bedarfs übersteigt.
Dass der Wert der Intelligenz ebenfalls nur eine Sache der persönlichen Ansicht und dass es vielleicht noch zu untersuchen ist, ob der Wert der natürlichen, rein physischen Kraft ihm nicht ganz gleichkommt. Dass es die Intelligenten gewesen sind, welche den Schöpfungen ihrer Gehirntätigkeit einen so hohen Preis gegeben haben und dass, wenn es die Starken gewesen wären, die ihrerseits die Dinge geregelt, sie ohne Zweifel festgestellt hätten, dass das Verdienst der Arme dem des Kopfes gleichkommt und dass die Anstrengungen des ganzen Körpers wohl die des einen wiederkäuenden Teiles aufwiegen.
Dass, wenn man diese Ausgleichung nicht annimmt, man den mehr intelligenten und betriebsamen Menschen eine Wuchervollmacht ausstellt, einen Rechtstitel zur straflosen Beraubung derjenigen, die es weniger sind.

Aus dem von Gracchus Babeuf verfassten „Manifest der Plebejer“ vom 30. November 1795,
einem Aufruf, der in Babeufs Zeitschrift Der Volkstribun Nr. 35 erschien.
Er wurde dort als „Abriss des großen Manifests, das verkündet werden soll,
um die tatsächliche Gleichheit wieder einzuführen“, bezeichnet.

 

Wie anders wäre es auf Erden, wenn alle Berufe als schätzenswert betrachtet würden! Es könnte sich jeder als unentbehrlich fühlen, jeder dürfte seine Arbeit in ehrlicher Begeisterung und in stolzer Kompetenz ausüben, und die Vernetzung zwischen den Berufen und Kompetenzen wäre lebendig, weil jeder seine für die Gesellschaft wichtige Rolle spielte, seinen nützlichen Platz im Ganzen hätte, ohne sich als weniger wichtig und erfolgreich zu betrachten, weil er Müllarbeiter ist und nicht Architekt.

Erwin Wagenhofer, Sabine Kriechbaum, André Stern, Alphabet.
Angst oder Liebe, Ecowin Verlag, Salzburg 2013, S. 117

 

Den Text der Beispielerzählung Jesu von den Arbeitern im Weinberg sowie Erläuterungen dazu finden Sie hier.

 

„Mein Beruf ist, Wundern auf die Welt zu helfen.“ (Beruf: Hebamme)
„Mein Beruf ist, die Begabung statt die Behinderung zu sehen.“ (Beruf: Arbeit mit behinderten Menschen)
„Mein Beruf ist, die Würde des Menschen zu pflegen.“ (Beruf: Altenpflege)

Quelle: LebensWert Arbeit. Kunstausstellung zum Spannungsfeld von Arbeitsleben und Menschenwürde.
5. Mai bis 21. Oktober 2018, Museum am Dom, Trier 2018, Katalog S. 66

 

Stellen wir uns eine Welt vor, in der überall die gleichen Arbeits- und Menschenrechte verbindlich gelten. Derart verbindlich, dass ihre Einhaltung in jedem Land und auch länderübergreifend vor Gerichten eingeklagt werden kann. Mit einem intentionalen Gerichtshof für Menschenrechte, der ein robustes Mandat hat, die Einhaltung der Menschen- und Arbeitsreche wirksam zu überwachen. Stellen wir uns weiter vor, dass dieser gesetzlich verankerte Katalog von Menschen- und Arbeitsrechten Vorrang vor Investitionsschutz und sonstigen „Bedürfnissen“ ökonomischer Organisationsformen hat.
Arbeiten für Hungerlöhne und unter menschenunwürdigen Bedingungen, ausbeuterische Arbeitsbedingungen, die zu veritablen Katastrophen führen, Zerstörung von Lebensräumen aus reiner Profitgier, von der Märkte Gnaden geduldete – oder gewünschte? – korrupte diktatorische Regierungen, verzweifelte Versuche, Unternehmen über Einsicht und Konsumdruck und die Hoffnung auf Einsicht zu einem verantwortungsvolleren Verhalten entlang ihrer Produktionsabläufe und Lieferketten zu bewegen: Das alles hätte ein Ende und wäre nicht mehr notwendig, weil es eine weltumspannende gesetzliche Regelung gäbe.

Mit diesen Worten umreißt Thomas Nagel in seinem Artikel „Ein grosser Wurf am Scheideweg“
in der Zeitschrift EineWelt 2/2019, S.30–33, das Ziel des derzeit verhandelten UN-Abkommens
für Wirtschaft und Menschenrechte (
siehe unter „Aktion)


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