Ozeane – das blaue Herz der Erde / Meeresströmungen – das globale Förderband

Diego kannte das Meer nicht. Sein Vater, Santiago Kovadloff, nahm ihn mit, es zu entdecken. Sie fuhren in den Süden.
Dort wartete es auf sie, das Meer, hinter den hohen Dünen. Als der Junge und sein Vater endlich jene Höhen aus Sand erklommen hatten, barst das Meer vor ihren Augen. Und so gewaltig war das Meer, und so prächtig, dass es dem Jungen die Sprache verschlug.
Und als er schließlich die Worte wiederfand, zitternd, stotternd, bat er seinen Vater: „Hilf mir sehen!“
(Aus: Eduardo Galeano, Das Buch der Umarmungen, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1991)

Unter Meer versteht man die miteinander verbundenen Gewässer der Erde, welche die Kontinente umgeben. Wird diese marine Wassermasse als ein Gewässer verstanden, spricht man vom Weltmeer. Die größten Meere bezeichnet man als „OZEANE“. Der Pazifische Ozean ist das größte, wasserreichste und tiefste der Weltmeere. Er nimmt ein Drittel der Erdoberfläche ein.

Ozeane werden oft als „das blaue Herz unseres Planeten“ bezeichnet. Sie regulieren das Klima, absorbieren Kohlendioxid und Wärme und produzieren Sauerstoff. Sie sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen und liefern Lebensmittel für die Menschen.

Sie sind die größten Ökosysteme der Erde, bedecken zwei Drittel ihrer Oberfläche und stellen die Hälfte des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre zur Verfügung. Etwa 50 Prozent des Sauerstoffs, den wir atmen, wird im Meer gebildet. Jeder zweite Atemzug des Menschen stammt quasi dorther. Man nimmt an, dass die Meere rund 80 Prozent allen Lebens auf dem Planeten beherbergen. Es wird angenommen, dass rund 2,2 Millionen Arten die Ozeane der Erde bevölkern, die damit der artenreichste Lebensraum der Erde sind. Fast drei Milliarden Menschen sind von ihnen als primärer Nahrungsquelle abhängig. Das alles wäre nicht möglich ohne die Kräfte, die die Wassermassen in Bewegung halten. Alles Leben in den Ozeanen hängt von der kontinuierlichen Bewegung ab. Die Strömungen transportieren lebenswichtige Nährstoffe aus der Tiefsee an die Oberfläche, wo sie vor allem das Phytoplankton ernähren. Diese pflanzlichen Mikroorganismen nehmen wie die großen Landpflanzen enorme Mengen CO2 auf, produzieren Zucker und ganz nebenbei Sauerstoff. Damit verbessern sie nicht nur die Zusammensetzung der Atmosphäre, sondern stehen auch am Beginn jeder Nahrungskette in den Weltmeeren. Stoßen die großen Strömungen auf Land, laden sie dort ihre Nährstoffe ab. Die Küstenregionen unseres Planeten gehören zu den produktivsten Teilen der Meere. Außerdem werden die Ozeane von einer außerirdischen Kraft angetrieben – der Anziehungskraft des Mondes. Zweimal am Tag bewegen Ebbe und Flut die Wassermassen der Ozeane und schaffen so völlig neue Lebensräume in der Gezeitenzone. (Zur Sendung Ein perfekter Planet – Ozeane)

Im Takt von Wind und Gezeiten transportieren die globalen Meeresströme riesige Wassermassen und beeinflussen so das weltweite Klima und die Biologie des Wassers. Man bezeichnet diese großräumigen Meeresströmungen auch als globales Förderband. Es durchzieht die gesamten fünf Ozeane dieser Erde. Die Umwälzbewegung transportiert Wärme, Sauerstoff sowie Nährstoffe rund um den Globus und beeinflusst damit grundlegend das Klima, den Meeresspiegel und auch die Leistungsfähigkeit der Meeresökosysteme. Für die Nordhalbkugel der Erde ist die Atlantische Umwälzzirkulation, auch als Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC bzw. AMO) bezeichnet, am bedeutsamsten, wozu der Golfstrom gehört. Vor allem eine stark beschleunigte Eisschmelze am Südpol, durch die gigantische Mengen Süßwasser ins Meer fließen, könnte diese Strömungen verlangsamen oder sogar ganz zusammenbrechen lassen, was gravierende Auswirkungen auf die Ökosysteme der Ozeane, das Klima und den Anstieg des Meeresspiegels hätte.

Wie die Räder eines Uhrwerks sind große Wirbel eng mit den Meeresströmen verzahnt. Nahe der Wasseroberfläche drehen sich aber noch weitere unzählige kleine Wirbel. Diese kleinen Wirbel entstehen und zerfallen innerhalb weniger Stunden und sind an der Wasseroberfläche nur schwer zu erkennen. Vergleichbar mit den Zahnrädern eines Uhrwerks greifen sie ineinander und wirken sich auf das weltweite Klima aus. Mit dem Forschungsprojekt „Uhrwerk Ozean“ wollen Küstenforscher des Helmholtz-Zentrums Geesthacht herausfinden, welche Auswirkungen auch diese kleinen Meereswirbel auf das Klima haben.

Die Rolle der Ozeane für das Klima – und damit auch für uns Menschen – ist kaum zu überschätzen. Wie der Weltklimarat IPCC vor zwei Jahren in einem Sonderbericht festhielt, haben die Weltmeere seit den 1980er Jahren zwischen 20 und 30 Prozent des Kohlendioxids aufgenommen, das wir durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas verursachen. Ohne die Ozeane würde diese Menge an CO2 ebenfalls in die Atmosphäre gelangen und dort für noch mehr Aufheizung sorgen. Etwa 40.000 Gigatonnen sind im Meerwasser bereits gelöst, fast 50-mal mehr als die 850 Gigatonnen (eine Gigatonne entspricht einer Milliarde Tonnen) in der Atmosphäre und 20-mal mehr, als die 2000 Gigatonnen, die an Land in Böden und Vegetation gespeichert sind. Auch die zusätzliche Wärmeenergie im Klimasystem wird von den Ozeanen zu über 90 Prozent geschluckt.

Tangwälder, Seegraswiesen, die sich auf Flächen von über 5000 Quadratkilometern ausdehnen, Algenwiesen, Mangroven: Die von Pflanzen dominierten Meeresregionen bilden die reichhaltigsten aller Lebensräume. Die Wissenschaft geht davon aus, dass bis zu 90 Prozent der Arten in den Ozeanen noch nicht entdeckt oder benannt wurden.

8. Juni: Welttag der Ozeane


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