Überbevölkerung, Übernutzung der Erde: Information
INFORMATION
Unter dem Begriff der Überbevölkerung wird grundsätzlich der unerwünschte Zustand verstanden, bei dem die Anzahl der Lebewesen die Tragfähigkeit ihres Lebensraums überschreitet.
In jeder Sekunde wächst die Weltbevölkerung im Schnitt um 2,6 Menschen. Aufs Jahr gerechnet, sind dies rund 83 Millionen Menschen, also in etwa die Bevölkerung Deutschlands. Auf der Website der DSW kann das rasante Wachstum der Weltbevölkerung abgelesen werden. Detaillierte Informationen bietet die zum Weltbevölkerungstag 2021 veröffentlichte Studie „Globale Bevölkerungsentwicklung – Fakten & Trends“ des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Am 11. Juli 2022 teilten die Vereinten Nationen mit, dass die Wachstumsrate der Weltbevölkerung im Jahr 2020 erstmals seit 1950 auf unter ein Prozent im Jahr gesunken ist.
Am 31. Oktober 2011 proklamierten die Vereinten Nationen 7 Millliarden Menschen auf der Erde. Am 15. November 2022 erreichte die Weltbevölkerung die Acht-Milliarden-Marke. Am letzten Weltbevölkerungstag, dem 11. Juli 2024, lebten 8,1 Milliarden Menschen auf der Erde. Bis 2030 wird die Weltbevölkerung UN-Schätzungen zufolge auf rund 8,5 Milliarden Menschen und bis 2050 auf rund 9,7 Milliarden Menschen anwachsen, bevor es 2080 eine Spitze von 10,4 Milliarden Menschen geben soll, die den Schätzungen zufolge bis 2100 auf diesem Niveau bleiben wird.
Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) legt jedes Jahr einen Weltbevölkerungsbericht vor, zuletzt im April 2024.
Als Hauptgrund für den Bevölkerungszuwachs gilt die hohe Zahl ungewollter Schwangerschaften. Weltweit sind 121 Millionen Schwangerschaften jedes Jahr unbeabsichtigt, das entspricht einem Anteil von 48 Prozent aller Schwangerschaften, heißt es im Weltbevölkerungsbericht 2022 unter dem Titel „Verborgenes sehen: Die Krise der unbeabsichtigten Schwangerschaften„, der am 30. März 2022 in Berlin vorgestellt worden ist. Danach haben rund 257 Millionen Frauen und Mädchen weltweit keinen Zugang zu modernen Verhütungsmitteln.
Laut einer Mitteilung der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) vom 1. November 2021 anlässlich der Veröffentlichung des DSW-Datenreports 2021 ist die Geburtenrate seit dem Jahr 1990 von durchschnittlich 3,2 Kindern pro Frau auf heute 2,3 Kinder gesunken. Das Wachstum der Weltbevölkerung habe sich damit in den letzten 30 Jahren um etwa ein Drittel verringert.
Weltweit ist die Ungleichheit in und zwischen Ländern groß, was sich unter anderem bei der Geburtenrate in Entwicklungsländern zeigt. Sie ist bei Mädchen und jungen Frauen aus den ärmsten 20 Prozent der Haushalte etwa dreimal so hoch wie bei ihren Altersgenossinnen aus den reichsten 20 Prozent der Haushalte. Weitere Benachteiligungen zeigen sich bezüglich des Geschlechts. So verdienen Frauen im weltweiten Durchschnitt nur 77 Prozent dessen, was Männer verdienen. Und rund zwei Drittel (63 Prozent) aller Analphabeten sind Frauen. Das geht aus dem am 17. Oktober 2017 veröffentlichten Weltbevölkerungsbericht 2017 unter dem Titel „Gespaltene Welt – Reproduktive Gesundheit und Rechte in Zeiten der Ungleichheit“ hervor.
Seit Anfang der 1970er-Jahre werden weltweit pro Jahr mehr Ressourcen verbraucht, als sich in einem Jahr wieder neu bilden können. Ob die Erde überbevölkert bzw. übernutzt wird, hängt entscheidend vom „ökologischen Fußabdruck“ ab, den der Mensch auf ihr hinterlässt. Der ökologische Fußabdruck misst den Verbrauch an biologisch produktiver Erdoberfläche (Felder, Wälder und andere Flächen), die nötig ist, um den Bedarf eines Menschen an Energie, Wohnraum, Lebensmitteln und anderen Gütern zu decken. Er zeigt an, wann die biologischen Kapazitäten überlastet sind und in welchem Ausmaß. (Nach übereinstimmender Ansicht der Experten beginnt die exponentielle Zunahme des Abdrucks der menschlichen Aktivität auf dem Planeten nach dem Zweiten Weltkrieg.) Gemessen wird der ökologische Fußabdruck in globalen Hektar. Im Unterschied zum normalen Flächenmaß umfasst ein globaler Hektar nicht allein die Größe einer Fläche. Auch ihre Produktivität zählt. Wüsten etwa sind weniger produktiv als Ackerland oder Meere. Nach Daten des Global Footprint Network und der European Environment Agency überschreitet die weltweite Inanspruchnahme derzeit die Kapazität der verfügbaren Flächen um insgesamt 50 Prozent. Danach werden gegenwärtig pro Person weltweit durchschnittlich 2,7 Hektar verbraucht, es stehen allerdings lediglich 1,8 Hektar zur Verfügung. Dabei verteilt sich die Inanspruchnahme der Fläche allerdings sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Regionen: So beläuft sich der durchschnittliche ökologische Fußabdruck in den Ländern des Nordens auf 6,4 Hektar, in den Ländern des Südens hingegen auf lediglich 0,8 Hektar pro Person. Zum Beispiel unter www.myfootprint.org oder https://uba.co2-rechner.de oder www.mym2.de kann sich jeder seinen ökologischen Fußabdruck im Internet selbst errechnen. Die Rechner sind unterschiedlich genau, alle geben hinterher Tipps für eine nachhaltigere Lebensweise und wie viel Kohlendioxid sich einsparen ließe. Jeder Deutsche verbraucht pro Jahr im Schnitt mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm im globalen Mittel zustünden. Neugier und Lust auf eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema will „Brot für die Welt mit dem Angebot http://www.fussabdruck.de/ wecken.
Der am 27. Oktober 2016 veröffentlichte Living Planet Report 2016 der Naturschutzorganisation WWF zeigt: Die Menschheit verbraucht 60 Prozent mehr, als die Erde bereithält.
Der Living Planet Report 2018 belegt: Die Menschheit nutzt seit 40 Jahren mehr natürliche Ressourcen, als die Erde erneuern kann. Der ökologische Fußabdruck der Menschheit wird permanent größer. Die Regenerationskapazität der Erde ist überschritten. 1,7 Erden bräuchte es momentan, um den Ressourcenverbrauch zu decken.
„Der Begriff ‚CO2-Fußabdruck‘ kommt ursprünglich aus der Wissenschaft, aber die britische Erdölfirma BP hat ihn ab 2004 mit einer hunderte Millionen US-Dollar teuren Werbekampagne und einem eigenen CO2-Fußabdruck-Rechner in der Öffentlichkeit verbreitet. Der CO2-Fußabdruck-Fokus ist eine geniale Idee: Er individualisiert und entpolitisiert ein gesellschaftliches Problem wie die Klimakrise, was den Ölkonzernen gelegen kommt. Es ist eine subtile Schuldverschiebung auf Einzelpersonen. Denn wenn sich die Leute hauptsächlich mit ihren Konsumentscheidungen beschäftigen, machen sie der Politik gemeinsam weniger Druck für regulatorische Maßnahmen und Gesetze.“ (Aus einem Interview von Sereina Donatsch mit dem Podcaster Gabriel Baunach in der Frankfurter Rundschau vom 21. Februar 2024)
Brot für die Welt und die Entwicklungsorganisation Germanwatch haben zum Erdüberlastungstag 2021 einen Handabdruck-Test entwickelt. Während der Ökologische Fußabdruck den individuellen Ressourcenverbrauch misst, hilft dieser Test Interessierten und Engagierten herauszufinden, wie sie ihren Handabdruck für eine sozial und ökologisch gerechte Gesellschaft vergrößern können. Er zeigt Hebel für den Wandel auf und gibt Tipps für das persönliche Engagement.
„Europa ist der Kontinent, der am stärksten von Land außerhalb seiner Grenzen abhängig ist. Der ‚Land-Fußabdruck‘ der Europäischen Union beträgt schätzungsweise 640 Millionen Hektar pro Jahr, also eineinhalb Mal so viel wie die Fläche aller 28 Mitgliedsstaaten zusammen. Dieses Land liegt in anderen Erdteilen, einschließlich China, der Mongolei, Russland, Brasilien und anderen Staaten, von denen einige nicht einmal ihre eigenen Staatsbürger mit Grundnahrungsmitteln und Gütern versorgen können.“ (Bodenatlas. Daten und Fakten über Acker, Fläche und Erde, 2015, S. 24)
Laut der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO stehen jeder Erdbürgerin und jedem Erdbürger rechnerisch 2000 Quadratmeter des „Weltackers“ zur Verfügung. Mehr dazu finden Sie hier.
Laut der im März 2015 erschienenen Studie Das große Fressen. Wie unsere Ernährungsgewohnheiten den Planeten verändern der Umweltstiftung WWF befindet sich ein Viertel der rund 20 Millionen Hektar Flächen, die für die Erzeugung von Nahrungsmitteln, inklusive Tierfutter, für den deutschen Bedarf beansprucht werden, im Ausland, vor allem in Südamerika; dort wachsen etwa Soja-, Kakao- und Kaffeebohnen. Für den Fleischkonsum jedes einzelnen Bürgers in Deutschland werden in Brasilien laut WWF etwa 300 Quadratmeter Land bewirtschaftet. Allein in Brasilien entspricht die Fläche für den Sojaanbau mit 35,8 Millionen Hektar der Größe Deutschlands. Nur 13 Prozent der EU-Sojaimporte gelten als entwaldungsfrei.
Am 2. August 2023 war die Gesamtleistung der Natur für das Jahr 2022 aufgebraucht. Von diesem Tag, dem Welterschöpfungstag (Earth Overshoot Day), an nimmt sich die Menschheit mehr von der Erde, als diese jährlich an natürlichen Ressourcen erneuern und an Treibhausgasen aufnehmen kann.
Werner Boote befasst sich in seinem Film „Population Boom“ (AUT 2013, Kinostart: 27. März 2014) mit einem bekannten Horrorszenario: Sieben Milliarden Menschen auf der Erde. Schwindende Ressourcen, giftige Müllberge, Hunger und Klimawandel – eine Folge der Überbevölkerung? Wer behauptet eigentlich, dass die Welt übervölkert ist? Und wer von uns ist zu viel? Werner Boote untersucht für seinen Film ein jahrzehntelang festgefahrenes Weltbild. Für ihn stellt sich eine völlig andere Frage: Wer oder was treibt dieses Katastrophenszenario an? Seine These: Die Welt ist nicht überbevölkert, sondern an manchen Orten überfüllt. Fazit: Soziale Gleichheit ist das Gebot der Stunde.