Ausbeutung und Verwüstung der Weltmeere: Information

 

INFORMATION

 

Unter Weltmeer werden alle großen Ozeane unseres Planeten zusammengefasst. Insgesamt sind 71 Prozent der Erdoberfläche von Meeren bedeckt. Eine wichtige Aufgabe der Ozeane besteht darin, die Wärme aus den Tropen in höhere Breiten zu transportieren. Die Weltmeere enthalten 97 Prozent der Wassermenge auf unserem Planeten. Sie beherbergen bis zu 80 Prozent allen Lebens auf der Erde. Es wird angenommen, dass rund 2,2 Millionen Arten die Ozeane der Erde bevölkern, die damit der artenreichste Lebensraum der Erde sind. Zurzeit stehen etwa sieben Prozent der Meeresflächen der Weltozeane unter Schutz, im Gegensatz zu 15 Prozent an Land.

Hohe See“ heißen die Meeresgebiete, die jenseits der 200-Seemeilen-Zonen der Küstenstaaten liegen. Zu ihnen gehören zwei Drittel der Ozeane.

Die Tiefsee, die etwa ab 300 Meter unter der Wasseroberfläche beginnt, ist bis heute einer der geheimnisvollsten Orte auf unserem Planeten und gleichzeitig das mit Abstand größte Ökosystem der Erde; sie bedeckt mehr als 60 Prozent davon. Wissenschaftler vermuten, dass sich Millionen noch weitgehend unbekannte Arten in den Tiefen der Ozeane tummeln. „Es ist, als würde man einen geheimnisvollen Wald betreten, in den noch kein Mensch zuvor einen Fuß gesetzt hat. Es ist einzigartig.“ (Justin Marshall, australischer Meeresbiologe)

Viele Informationen über Meere und Ozeane finden sich auf der Website des Wissenschaftsjahres, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

 

FISCHFANG

 

Fischerei, die Suche nach Öl und Gas, die Einleitung von Abwässern oder die Entsorgung von radioaktiven Abfällen und anderem Müll: Die Nutzung und Ausbeutung der Meere erreichen immer größere Ausmaße.

Meeresbiologen schätzen, dass weltweit jedes Jahr 110 Millionen Tonnen Fische, Krebse, Muscheln und andere Meerestiere aus dem Meer geholt werden. Über ein Drittel der kommerziell genutzten Fischbestände sind bereits überfischt, fast 60 Prozent werden bis an ihre Grenzen ausgebeutet. Laut einer Mitteilung des WWF vom 1. Dezember 2022 hat sich die Zahl der überfischten Bestände in den letzten 50 Jahren weltweit von 10 auf 35 Prozent mehr als verdreifacht. Laut einer Mitteilung des WWF vom 12. Februar 2024 werden jährlich rund 90 Millionen Tonnen Fisch aus den Meeren gefischt.

Die Hochseefischerei und damit die Überfischung der Weltmeere werden, etwa in Form von Steuererleichterungen oder verbilligtem Diesel, mit bis zu 35 Milliarden US-Dollar jährlich subventioniert. Einer Studie der Europäischen Kommission zufolge zahlt China seinen 2900 Fangschiffen jährlich umgerechnet 5,6 Milliarden Euro an Subventionen, gefolgt von den USA mit 1,6 Milliarden, Südkorea (1,5 Milliarden) sowie Japan (1,2 Milliarden).
Laut einer Mitteilung des WWF vom 1. März 2024 konnte sich die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Abu Dhabi nicht darauf verständigen, die Subventionen für umweltschädliche Fischerei zu kürzen. Mehr als ein Drittel der kommerziell genutzten Fischbestände seien schon jetzt überfischt, viele andere werden bis zum äußersten Limit ausgebeutet. Diese Entwicklung weiter mit Geldern für Treibstoff und Schiffsneubauten zu ermöglichen, sei selbstzerstörerisch und gefährde die Lebensgrundlage und Ernährungssicherheit von Millionen Menschen. Weltweit fließen Jahr für Jahr mindestens 22 Milliarden Dollar an Finanzhilfen in den Sektor. Die größten Mittelgeber sind China, Japan, die EU und die USA. Fast 85 Prozent der Gelder gehen an die industrielle Großfischerei.

Laut der UN-Welternährungsorganisation FAO kommt die illegale Fischerei auf 35 Prozent des weltweiten Fischfangs und ein Volumen von 23,5 Milliarden Dollar.
Die Zahl der getöteten Fische lässt sich schwer berechnen bzw. überschlagen, weil die Fänge in Gewicht angegeben werden und es unterschiedlich viel Beifang gibt. Die Schätzungen für Wildfische liegen bei unglaublichen 970 bis 2700 Milliarden Tieren jährlich. – In Busan, der zweitgrößten Stadt Südkoreas, werden täglich knapp 250 Tonnen Thunfisch vermarktet.
Überall, wo viel gefischt wird, sinkt der Anteil pflanzenfressender Fische – mit fatalen Folgen für die Korallenriffe, wie australische und US-amerikanische Forscher berichten. Denn die Fische halten auf den Riffen das Algenwachstum in Grenzen und spielen damit für deren Gesundheit eine wesentliche Rolle.
Dass zunächst die größeren Arten gefangen werden, hat laut einer am 16. September 2016 im Fachblatt „Science“ veröffentlichten Studie verheerende Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme: Die großen Meeresbewohner stehen zumeist an der Spitze der Nahrungskette, so dass ihr Verschwinden das gesamte Nahrungsgefüge beeinträchtigt. Zudem verteilen vor allem die großen Lebewesen wie etwa Wale durch das Umherschwimmen Nährstoffe im gesamten Lebensraum.

Laut der in der Fachzeitschrift „Nature“ am 4. Januar 2024 veröffentlichten Studie eines Forschungsteams der Non-Profit-Organisation Global Fishing Watch existieren zu rund drei Vierteln aller Fahrten von größeren Fischereischiffen keine öffentlich zugänglichen Daten. Dies ergibt eine Analyse von Satellitenaufnahmen aus dem Zeitraum 2017 bis 2021. Die dabei entdeckten Aktivitäten könnten Hinweise auf illegale Fischerei geben. Zum Vergleich: Bei Transportschiffen lässt sich demnach nur etwa ein Viertel aller Fahrten nicht nachverfolgen.

Wie aus dem jüngsten Fischerei-Bericht der Welternährungsorganisation (FAO) hervorgeht, der alle zwei Jahre erscheint und am 29. Juni 2022 auf der UN-Ozeankonferenz in Lissabon vorgestellt wurde, hält die Überfischung in den Weltmeeren an und kletterte im Jahr 2020 auf den neuen Rekordwert von über 34 Prozent überfischter Bestände.

Mindestens 40 Prozent aller Meerestiere, die in die Netze der weltweiten Fischindustrie gehen, sind sogenannter unerwünschter Beifang und werden als toter Müll über Bord geworfen. Das berichtete die Umweltschutzorganisation WWF am 15. April 2009 in Hamburg. Die im Report untersuchten Fischereien haben einen geschätzten jährlichen Gesamtumfang von 95,2 Millionen Tonnen. Davon wurden rund 38,5 Millionen Tonnen als Beifang identifiziert. In der EU werden derzeit jährlich rund 1,9 Millionen Tonnen von Fischen zurück ins Wasser geworfen, das sind fast 40 Prozent des gesamten Fangs. Nach Angaben von Greenpeace und WWF verenden weltweit jährlich unter anderem 100 Millionen Haie und Rochen, etwa 300.000 Wale und Delfine, 100.000 Albatrosse und 250.000 Meeresschildkröten als Beifang in Netzen und anderen Fanggeräten. Laut dem am 19. November 2020 veröffentlichten WWF-Bericht „What’s in the Net?“ sterben jedes Jahr mindestens 720.000 Seevögel, 345.000 Robben und Seelöwen, 300.000 Wale und Delfine, sowie über 250.000 Meeresschildkröten als Beifang durch die Fischerei. Hinzu kommen mehrere Millionen Haie, die gewollt und ungewollt mitgefangen werden. Viele dieser Arten sind vom Aussterben bedroht.

Als ökologisch verheerend gilt nach einhelliger Ansicht der Experten vor allem die Fischerei mit Grundschleppnetzen – also Netzen, die den Meerengrund berühren – auf Krebse, Shrimps und Schollen. Der Einsatz des schweren Geräts zerstört den Meeresboden und die darauf lebenden Wesen, entwurzelt Pflanzen, vernichtet Laichplätze von Fischen und führt zu besonders viel Beifang, darunter Jungfische sowie Wale und Delfine, die in den Netzen ertrinken. In der Tiefsee fügt Grundschleppnetzfischerei Korallenwäldern, Schwämmen, Riffen und Seebergen, die über Jahrtausende aufgebaut wurden, beispiellosen Schaden zu. Über ein Drittel der Riffe weltweit sind vom Absterben bedroht – vor allem durch zerstörerische Fischfangmethoden, aber auch durch Schadstoffe sowie die Versauerung und Erwärmung der Meere. Im südostasiatischen Raum sind 95 Prozent der Riffe bedroht. Große mit Ketten und Rollen beschwerte Netze durchwühlen den Meeresboden, ein Kahlschlag unter Wasser, dem weltweit jährlich eine Fläche zum Opfer fällt, die 150-mal größer ist als die aller Waldrodungen zusammen. Auch beispielsweise in der Ostsee rasieren Trawler Sandbänke und Riffe mit sogenannten Vorgeschirr- und Scherbrettern, um am Meeresboden lebende Plattfische wir Scholle und Butt „einzusammeln“ – wobei die „Bretter“, die tatsächlich aus Stahl sind, bis zu 1,2 Tonnen schwer sein können. Es braucht Jahre, bis der Boden sich nach einer solchen Bearbeitung wiederbesiedelt – wenn überhaupt, denn es ist durchaus „normal“, dass dieselbe Fläche über kurz oder lang erneut mit derselben Methode abgefischt wird und der natürliche Zustand sich nicht wieder einstellt.

Die Langleinenfischerei ist eine Art des Fischens in der industriell betriebenen Hochseefischerei, bei der an einer aus Kunststoff gefertigten Hauptleine mit unzähligen Köderhaken versehene Nebenleinen ausgelegt werden. Langleinen können bis zu 200 Kilometer lang und mit mehr als 30.000 Köderhaken versehen sein; die Anzahl der Köder und Länge der Leine variieren allerdings stark. Laut einer WWF-Studie sterben bei der Langleinenfischerei auf Thunfisch, Schwertfisch und Seehecht alleine im Südost-Atlantik jährlich mehr als sieben Millionen Haie und Rochen, 34.000 Seevögel und mehr als 4.000 Meeresschildkröten. Die Dunkelziffer liegt jedoch wesentlich höher, da die genannten Zahlen nur die offiziellen Fangergebnisse zu Grunde legen und nicht die illegale Fischerei berücksichtigen.

Die Küstenfischerei mit Stell- und Schleppnetzen ist nach Ansicht von Umweltschützern dafür verantwortlich, dass die Population der Maui-Delfine bei Neuseeland auf derzeit nur noch 46 lebende Tiere zurückgegangen ist; vor 40 Jahren waren es 1800.

Noch nie wurde in aller Welt so viel Fisch gegessen. Pro Kopf hat sich der Konsum von Fisch und Meeresfrüchten in den letzten 50 Jahren verdoppelt. Wie aus dem am 19. Mai 2014 in Rom veröffentlichen Jahresbericht der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) zur Fischerei und Aufzucht hervorgeht, ist der Konsum von Fischen weltweit auf 19,3 Kilogramm im Jahr pro Kopf der Weltbevölkerung gestiegen. In Deutschland wurden laut einer Pressemitteilung des Fisch-Informationszentrums (FIZ) vom 16. August 2023 im Jahr 2022 in Deutschland pro Person im Durchschnitt 13,7 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte konsumiert.

Seit 40 Jahren stagniert der weltweite Gesamtfang bei rund 90 Millionen Tonnen im Jahr. Seither wird der steigende Bedarf allein über Aquakultur gedeckt. Sie stieg auf die Rekordhöhe von mehr als 90 Millionen Tonnen an. Oftmals müssen Mangrovenwälder den Aquakulturen weichen. Zwischen 1980 und 2005 sind weltweit 20 Prozent der Mangrovenwälder durch menschliche Eingriffe zerstört worden, mehr als die Hälfte davon (52 Prozent) wegen der Errichtung von Aquakulturen. Allein auf den Philippinen sind wegen Shrimpsfarmen zwei Drittel der Mangrovenwälder abgeholzt worden.
Die Verwendung von Fischmehl und -öl in der Aquakultur ist umstritten. Für Fischmehl, das in erster Linie die Proteine liefert, die für ein schnelles Wachstum der Zuchtfische sorgen, werden nicht nur Produktionsreste verwendet, sondern auch Jungfische und Sardinen. Es trägt somit zur Überfischung der Meere bei.
„Die Gefräßigkeit der Zuchtfische beschleunigt so den Rückgang der wilden Fischbestände, leistet dem illegalen Fischfang Vorschub, destabilisiert die maritimen Nahrungsketten und beraubt die Bevölkerung armer Länder einer lebenswichtigen Proteinquelle. „Das ist absurd“, meint Enric Sala, ehemaliger Hochschulprofessor und derzeit Gastforscher bei der National Geographic Society. ‚Die gefangenen Wildfische könnten direkt für die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung genutzt werden – das wäre auch viel weniger verheerend für die Unterwasserwelt.’“ (Aus: Ian Urbina, Raubfang in fremden Gewässern. Chinas gigantische Fischereiflotte geht rücksichtslos gegen Konkurrenten vor, in: Le Monde diplomatique, November 2020)

Wie Fische umkommen: Nach dem Einfangen mit großen Netzen wirft man die Fische an Land oder Bord und lässt sie ersticken. Das kann 15 bis 60 Minuten dauern. Wenn sie auf Eis gelegt werden, bleiben Forellen bis zu 200 Minuten bei Bewusstsein, Lachse 60 Minuten und Seebrassen 20 bis 40 Minuten.

Die Hohe See, das heißt die Meeresgebiete, die außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse der Küstenstaaten liegen, bedeckt mehr als die Hälfte unseres Planeten und wird aufgrund fehlender Regulierungen massiv ausgebeutet. Der WWF fordert mit Nachdruck, dass sich die Staaten auf ein rechtsverbindliches globales Meeresschutzabkommen einigen.

 

TIEFSEEBERBAU

 

Eine weitere Bedrohung der Weltmeere ist der Tiefseebergbau. Auf den Böden der Ozeane schlummern wertvolle Rohstoffe. Die Ernte in der Tiefsee wäre allerdings ein Hightech-Unterfangen, das bisher nur in der Theorie existiert. Die im Jahr 1994 gegründete Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) mit Sitz in Kingston auf Jamaika verwaltet die Bodenschätze der Tiefsee außerhalb der staatlichen Hoheitsgewässer als Erbe der Menschheit. Seit 2001 bis heute gab sie rund 30 Erkundungslizenzen aus, zwei davon an Deutschland. Bis zum Sommer 2023 soll sie Regularien für den Tiefseebergbau vorlegen. Nachdem dies nicht gelungen ist, können jetzt erstmals entsprechende Anträge bei der ISA gestellt werden.

Bislang wird der Tiefseebergbau nirgendwo auf der Erde kommerziell betrieben. Als erstes europäisches Land hat das norwegische Parlament jedoch im Janur 2024 den Weg für den Abbau von Rohstoffen in der arktischen Tiefsee freigemacht.

Wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) am 7. April 2021 mitteilte, untersucht Deutschland mit weiteren Forschungsinstitutionen den Abbau metallhaltiger Knollen in der Tiefsee im Manganknollengürtel im östlichen Pazifik zwischen Hawaii und Mexiko. Die Umweltorganisation Greenpeace warnte vor einer Beschleunigung des Artensterbens durch den industriellen Tiefseebergbau. Seit 2015 untersucht Deutschland zudem ein Gebiet mit Sulfidvorkommen im südwestlichen Indischen Ozean. Schon 2011 hat die Bundesregierung den Tiefseebergbau im Nationalen Masterplan Maritime Technologien als Schwerpunktthema identifiziert.

Film:

 

SANDABBAU

 

Das Umweltmandat der Vereinten Nationen (Unep) warnt in einem aktuellen Bericht vor den riesigen Staubsauger-Schiffen, die weltweit über die Ozeane kreuzen und Sand vom Meeresboden holen – mit verheerenden Folgen für die Flora und Fauna. Viele Meeresbewohner können sich auf den abgebauten Flächen nicht mehr ansiedeln, andere werden vom aufgewirbelten Sand erstickt. Korallenriffe sind bedroht, sogar Meeresströmungen könnten sich nach Meinung der Experten verändern. (Nürnberger Nachrichten vom 12. Dezember 2014)

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LITERATUR

 

 


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