Zum 22. Februar 1943

Hinrichtung der Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie ihres Freundes Christoph Probst (Mitglieder der Widerstandsbewegung Die Weiße Rose)

Später wurden weitere Mitglieder der „Weißen Rose“ hingerichtet: Alexander Schmorell und Kurt Huber am 13. Juli 1943, Wilhelm Graf am 12. Oktober 1943, Hans Leipelt am 29. Januar 1945.

Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um Euer Herz gelegt! (Aus dem fünften Flugblatt der„Weißen Rose“)

Sie wollen nicht mehr schweigen, sondern handeln: Im Frühsommer 1942 beschließen die Münchner Medizinstudenten Hans Scholl und Alexander Schmorell, mit Flugblättern zum Widerstand gegen das Nazi-Regime aufzurufen. Innerhalb kurzer Zeit entstehen vier Flugblattfolgen, die sie heimlich an der Universität verteilen und an Freunde und Bekannte verschicken. Ende Juli müssen Scholl und Schmorell und ihr Freund Wilhelm Graf zum Kriegseinsatz an die Ostfront. Im Spätherbst kehren die Studenten von der russischen Front zurück und nehmen zusammen mit Freunden ihre Widerstandsarbeit wieder auf. Zum engen Kreis der „Weißen Rose“ gehören nun auch Sophie Scholl, Christoph Probst und der Philosophie- und Musikpsychologieprofessor Kurt Huber. Neben der Opposition gegen den Nationalsozialismus und einem humanistischen Menschenbild verbindet sie das Interesse an Kunst und Kultur. Sie lehnen die menschenverachtende Ideologie des Regimes ab und kritisieren den Vernichtungskrieg im Osten. Es entstehen zwei weitere Flugblattfolgen. Nachts schreiben sie mit Teerfarbe Parolen wie „Nieder mit Hitler“ oder „Freiheit“ an Hauswände in der Münchner Innenstadt. Auch versuchen sie, Unterstützung für ihre Aktionen in anderen Städten zu bekommen.

Motor, Kopf und treibende Kraft der „Weißen Rose“ war Hans Scholl. Wie der evangelische Gefängnisseelsorger Karl Alt überlieferte, waren seine letzten Worte: „Es lebe die Freiheit!“

Berühmt geworden ist eine Passage aus dem fünften Flugblatt, in dem die Studenten einen „Aufruf an alle Deutschen“ richten: Sollen wir auf ewig das von aller Welt gehasste und ausgestoßene Volk sein? Nein! Darum trennt Euch von dem nationalsozialistischen Untermenschentum!

Neuere Dokumente belegen, dass sie auch bereit waren, ihren Kampf gegen das Regime mit Waffengewalt zu führen. Aber soweit kommt es nicht. Am 18. Februar 1943 werden Hans und Sophie Scholl im Lichthof der Universität dabei beobachtet, wie sie Flugblätter auslegen und über die Brüstung fallen lassen. [Es ist das sechste Flugblatt der „Weißen Rose“. Im Namen des ganzen deutschen Volkes fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zurück, heißt es darin.] Wenig später werden auch andere Mitglieder der Gruppe verhaftet. Christoph Probst hatte den Entwurf des siebten Flugblatts verfasst, das Hans Scholl bei seiner Verhaftung in seiner Tasche trug. Darin heißt es: „Stalingrad! 200.000 deutsche Brüder wurden geopfert für das Prestige eines militärischen Hochstaplers (…) Nun klagt das Blut von 200.000 dem Tod geweihten Soldaten den Mörder Hitler an. (…) Hitler und sein Regime muss fallen, damit Deutschland weiterlebt. Entscheidet Euch.“ Wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ werden die Geschwister Scholl und Probst am 22. Februar 1943 zum Tode durch Enthauptung verurteilt und noch am selben Tag hingerichtet. Im April werden in einem zweiten Prozess auch Willi Graf, Alexander Schmorell und Kurt Huber zum Tode verurteilt. Bis zum Oktober 1944 kommt es zu drei weiteren Prozessen, in denen Freunde und Unterstützer der „Weißen Rose“ verurteilt werden.

Das sechste Flugblatt der Weißen Rose war über Widerstandskämpfer des Kreisauer Kreises nach Großbritannien gelangt. Dort druckte man es nach. Im Sommer 1943 warfen es britische Flugzeuge über Deutschland ab – insgesamt mehr als fünf Millionen Blätter. Sie trugen den Titel: „Ein deutsches Flugblatt“ / „Manifest der Münchner Studenten“.

Nach dem Krieg berichten KZ-Häftlinge aus Dachau, dass sie neuen Mut gefasst hätten, als sie von den Aktivitäten der Münchner Studenten hörten. (Aus: ai-Journal 7/2003, S. 23)

Es lebe die Freiheit!, ruft Hans Scholl kurz vor der Hinrichtung. Ein Satz, der in die Geschichte eingeht.

Bereits kurz nach der Ermordung von Hans und Sophie Scholl stand an der Mauer der Universität der Schriftzug „Scholl lebt! Ihr könnt den Körper, aber niemals den Geist zerstören!“

Literatur/Website:

  • Anja Tuckermann, Wir schweigen nicht! Der Weg der Weißen Rose und der Geschwister Scholl in den Widerstand, Arena Verlag, Würzburg 2016
  • Miriam Gebhardt, Die Weiße Rose. Wie aus ganz normalen Deutschen Widerstandskämpfer wurden, Pantheon Verlag, München 2017
  • Robert M. Zoske, Flamme sein! Hans Scholl und die »Weiße Rose«, in: Deutsches Pfarrerblatt 1/2018, S. 46–49
  • Robert M. Zoske, Flamme sein! Hans Scholl und die Weiße Rose, Verlag C.H.Beck, München 2018
  • Jakob Knab, Ich schweige nicht. Hans Scholl und die Weiße Rose, Verlag wbg Theiss, Darmstadt 2018
  • Maren Gottschalk, Wie schwer ein Menschenleben wiegt. Sophie Scholl. Eine Biografie, Verlag C.H.Beck, München 2020
  • Robert M. Zoske, Sophie Scholl: Es reut mich nichts. Portrait einer Widerständigen, Propyläen Verlag, München 2020
  • Simone Frieling, Sophie Scholl. Aufstand des Gewissens, Verlag Ebersbach & Simon, Berlin 2021
  • https://www.quellen-weisse-rose.de/

 

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