Antarktis – Der Kühlschrank und die letzte Wildnis der Erde

Die ANTARKTIS ist der südlichste und kälteste Kontinent der Erde. Der Südpol liegt nämlich im Gegensatz zur komplett eisigen Arktis auf festem Grund – weshalb die Antarktis denn auch ein Kontinent ist und die Arktis eben nicht. Hier fällt das Thermometer auf minus 89 Grad Celsius, im antarktischen Sommer klettert es selten über minus 20 Grad. Der Antarktische Eisschild ist der größte Eisschild der Erde und bedeckt den größten Teil des Kontinents Antarktika. Er misst 13,8 Millionen Quadratkilometer und ist bis zu 4900 Meter dick. Rund 70 Prozent des Süßwassers der Erde sind darin gefroren. Die Antarktis kennt nur einen Tag und eine Nacht im Jahr. Ende April geht die Sonne unter, vier Monate lang herrschen Nacht, Dunkel und Winter, bis die Sonne Ende August ihr erstes mattes Licht über den Horizont strahlt. Mehr als 1000 Arten sind in der Antarktis beheimatet, darunter Pinguine, Robben, Wale, Delfine, Seevögel, mehr als 100 Fischarten und die gefährdeten Krills, kleine Krebse, die eine wichtige Nahrungsquelle für viele Tiere sind.

Der heutige Kontinent Antarktis entstand, als vor rund 180 Millionen Jahren der Großkontinent Gondwana – er bestand zudem aus den heutigen Kontinenten Südamerika, Afrika, Indien und Australien – zerbrach. Während seine übrigen Teile, angetrieben durch Kräfte aus dem Erdinnern, über den Globus zu ihren heutigen Positionen wanderten, blieb die Antarktis isoliert. Vor etwa 30 Millionen Jahren begann sie zu vereisen, wie Bohrungen anzeigen. So kühlte der Kontinent immer weiter aus. Seit 15 Millionen Jahren liegt er unter einer geschlossenen Eisdecke begraben.

Seit der Entdeckung im Jahr 1820 haben zahlreiche Gelehrte, Abenteurer und Expeditionen den Südpol zu erforschen versucht. Der bekannteste ist wohl der Brite Robert Scott, der mit seiner Gruppe 1911 dort starb. Die norwegische Expedition unter Roald Amundsen erreichte als erste den Südpol, einen Monat vor Scott, der einen Triumph für den britischen Imperialismus hatte erringen wollen. Amundsen sagte vom Südpol: „Wild wie kein anderes Land unserer Erde liegt es da, ungesehen und unbetreten.“

Claude Lorius, Glaziologe, der sein Leben der Erforschung der Antarktis widmete (von ihm erzählt der Film „Zwischen Himmel und Eis“ von Luc Jacquet; Kinostart: 26. November 2015), machte als junger Forscher eine faszinierende Entdeckung: Jede Luftblase, die im Eis der Pole eingeschossen wird, ist eine Probe der Atmosphäre der Zeit, in der sie eingeschlossen wurde. In tieferen Sphären enthält das Eis also die Luft, die Generationen vor uns atmeten. Nach dieser Entdeckung führte das Team Bohrungen durch, die es schließlich ermöglichten, erstmals mehr als 800.000 Jahre der Klimageschichte des Planeten zurückzuverfolgen.

Würden alle verfügbaren fossilen Ressourcen von Kohle, Öl und Gas verbrannt, könnte das ein vollständiges Abschmelzen der antarktischen Eisdecke verursachen – das Ende des ewigen Eises. Das zeigt eine im Jahr 2015 veröffentlichte Studie von Forschern am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und US-amerikanischen Kollegen. Die Antarktis hält in ihrem Eis 70 Prozent der Süßwasserreserven der Erde fest. Sollte all dieses Eis schmelzen, wird der Meeresspiegel um 61 Meter steigen. Nähere Informationen zur Eisschmelze in der Antarktis finden Sie hier.

Am 1. Dezember 1959 legten zwölf Staaten in Washington im Antarktisvertrag fest, dass die unbewohnte Antarktis, völkerrechtlich keinem Staat zugehörig, zwischen dem 60. und dem 90. Grad südlicher Breite ausschließlich friedlich, insbesondere für die wissenschaftliche Forschung, und niemals militärisch genutzt werden darf. Der Vertrag trat am 23. Juni 1961 in Kraft. Der Antarktis-Vertrag ist das erste internationale Abkommen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, das die Prinzipien der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung fixiert. Die Antarktis wird zur ersten kernwaffenfreien Zone der Welt erklärt. Bisher haben 48 Nationen das Abkommen unterschrieben. Am 4. Oktober 1991 wurde der Vertrag mit einem umfassenden Umweltschutzprotokoll ergänzt, das neben dem Umgang mit den Bodenschätzen auch den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt, des Meeres und besonderer Gebiete regelt. Es sind die strengsten Umweltschutz-Vorschriften, die jemals für eine Weltregion in einem internationalen Abkommen vereinbart wurden. Der Antarktisvertrag ist bis 2048 gültig. Versuche, diese Zeitbegrenzung aufzuheben, sind bislang gescheitert.

Australien plant, bis 2040 im Osten der Antarktis einen Flughafen mit einer 2,7 Kilometer langen befestigten Landebahn zu bauen. Umweltschützerinnen und Umweltschützer sind entsetzt.

24 Länder und die Europäische Union beschlossen am 28. Oktober 2016 zum Abschluss der der Konferenz der Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources, CCAMLR), in der Antarktis nahe dem Südpol die mit rund 1,8 Millionen Quadratkilometern größte Meeresschutzzone der Welt einzurichten. Auf dem Gebiet, das viermal so groß wie Deutschland ist, wird der kommerzielle Fischfang künftig verboten. Das Abkommen trat im Dezember 2017 in Kraft und gilt zunächst für 35 Jahre. Das Meeresgebiet gilt als polarer „Garten Eden“, das Ökosystem ist noch weitgehend intakt. Es gilt als Schatzkammer des Meeres mit zahlreichen einzigartigen Lebewesen: Ein Drittel der nur in der Antarktis vorkommenden Adelie-Pinguine, ein Viertel der Kaiserpinguine, ein Drittel der Sturmvögel und die Hälfte der südpazifischen Weddel-Robben leben dort ebenso wie Schwert- und Zwergwale und Dutzende Fischarten. Über den Vorschlag, drei weitere Schutzgebiete auszuweisen, die sich über eine Fläche von insgesamt fast vier Millionen Quadratkilometern erstrecken – in der Ostantarktis, bei der Antarktischen Halbinsel und im artenreichen Weddelmeer (dieser Vorschlag wurde von Deutschland erarbeitet und von der Europäischen Union eingereicht) – konnte auch im Jahr 2022 noch keine Einigung erreicht werden.


RSS