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Ungleichheit

 

Die globale Ungleichheit war im Jahr 2020 so groß wie 1820. Die OECD hält das für eine der besorgniserregendsten Entwicklungen der letzten 200 Jahre.
Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hat sich die Ungleichheit WELTWEIT in den letzten dreißig Jahren vergrößert, obwohl die Weltwirtschaft wächst und wächst und wächst und die Produktion unaufhörlich zunimmt. Die reichsten 20 Prozent der Bevölkerung verfügen über 70 Prozent des globalen Reichtums. Und die Konzentration setzt sich fort. Denn: Je mehr jemand hat, desto schneller wächst sein Reichtum. So steigerten die obersten zehn Prozent der Bevölkerung ihren Wohlstand stärker als die restlichen 90 Prozent. Noch schneller aber wuchsen die Einkommen des obersten Prozents – und noch schneller die Einkommen der obersten 0,1 Prozent der Bevölkerung. Gleichzeitig hatten 75 bis 80 Prozent der Weltbevölkerung keinen Zugang zu elementarem sozialem Schutz. Außerdem hat sich insgesamt die Einkommensverteilung spürbar zugunsten von Kapitalerträgen und Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit verschoben. Bereits jetzt ist das Einkommen der 1125 Milliardäre dreimal so hoch wie das der halben Weltbevölkerung, also von 3,5 Milliarden Menschen.
In Regionen mit hoher Ungleichheit haben Menschen im Schnitt eine geringere Lebenserwartung und sind kränker als solche in relativ egalitären Ländern.

Der Ökonom Thomas Piketty hat im Januar 2017 mit seinem Mitarbeiter Lucas Chancel ein World Inequality Lab („Observatorium für globale Ungleichheiten“) gestartet: Aushängeschild und Ausgangspunkt der Internetseite wid.world ist eine Weltkarte, die auf einen Blick die Ungleichheiten in den einzelnen Ländern festhält. Von dort aus gelangt man in die nationalen Statistiken. Ziel dieser World Inequality Database (WID), dieser Datenbank zur weltweiten Ungleichheit ist es zum einen, dem einzelnen Bürger einen raschen, interaktiven Zugriff auf alle verfügbaren Informationen zum Thema Ungleichheit zu bieten; zum anderen sollen hier internationalen und nationalen Verantwortlichen Entscheidungshilfen angeboten werden, um strukturelle Ungleichheit abzubauen.

Auf den Forschungsergebnissen des World Inequality Lab in Paris basiert der ebenfalls im Jahr 2017 erstmals erschienene World Inequality Report, dessen Ziel es ist, den weltweiten Debatten über Ungleichheit die aktuellsten und vollständigsten verfügbaren Daten zur Verfügung zu stellen. Aus dem am 7. Dezember 2021 veröffentlichten World Inequality Report 2022 geht hervor, dass die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung über 52 Prozent des weltweiten Einkommens und über 76 Prozent des Weltvermögens verfügen, das reichste Prozent der Weltbevölkerung allein über 19 Prozent des weltweiten Einkommens und über 38 Prozent des Weltvermögens, während die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung lediglich mit acht Prozent am weltweiten Einkommen und mit lediglich zwei Prozent am Weltvermögen partizipiert.

Dem am 26. September 2023 veröffentlichten Global Wealth Report des Versicherungsunternehmens Allianz zufolge besitzen die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung 85 Prozent des weltweiten Netto-Geldvermögens. In vielen Ländern, auch in Deutschland, hat sich in den letzten 20 Jahren an der ungleichen Verteilung wenig geändert. Nur in sehr wenigen Ländern, etwa in Südafrika und der Türkei, ist sie in den vergangenen Jahren gerechter geworden. In sehr vielen Ländern wie Brasilien, Mexiko, Indien, China und Russland ist sie ungleicher als zuvor.

„Die Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen (in den USA; C.P.) war noch nie so extrem wie heute, da die reichsten drei Milliardäre mehr besitzen als die untere Hälfte der Bevölkerung – 165 Millionen Menschen. Das oberste Prozent verfügt mittlerweile über mehr Vermögen als die unteren 92 Prozent, und die CEOs großer Konzerne verdienen vierhundertmal so viel wie ihre Angestellten.“ (Bernie Sanders mit John Nichols, Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein. Aus dem Amerikanischen von Richard Barth, Enrico Heinemann und Michael Schickenberg, Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2023, S. 23)

Die Ungleichheit bei den Einkommen in DEUTSCHLAND hat nach dem am 24. November 2022 veröffentlichten neuen Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, gemessen am Gini-Koeffizienten, im Jahr 2019 mit 0,296 einen neuen Höchststand erreicht.

Laut einer am 14. Juli 2020 veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sind die Vermögen in Deutschland ungleicher verteilt als bislang angenommen. Die neuen Berechnungen und die Hinzunahme öffentlich zugänglicher Reichenlisten ergaben, dass die oberen zehn Prozent der Bevölkerung gut zwei Drittel des Nettovermögens besitzen (zuvor war man von knapp 59 Prozent ausgegangen). „Allein das reichste Prozent der Bevölkerung vereint rund 35 (statt knapp 22 Prozent) des Vermögens auf sich“, heißt es in der Studie. Die Studie erfasst das Vermögen von Personen ab 17 Jahren in Deutschland. Dazu zählen unter anderem Immobilienbesitz, Betriebsvermögen, Sparguthaben, Aktien, Ansprüche aus Lebens- und privaten Rentenversicherungen, wertvolle Sammlungen.

Laut einer am 24. April 2023 veröffentlichten Studie der Bundesbank gehörte im Jahr 2021 den reichsten zehn Prozent der privaten Haushalte in Deutschland etwa 56 Prozent des gesamten Nettovermögens. Dazu zählen Haushalte, die im Jahr 2021 mindestens 725.900 Euro Nettovermögen besaßen.

Weder arm noch reich wäre in Deutschland ein Ein-Personen-Haushalt, dem nicht weniger als 1.275 Euro (60 Prozent des mittleren Einkommens) und nicht mehr als 4.250 Euro (200 Prozent des mittleren Einkommens) Nettoeinkommen (Einkommen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben) im Monat zur Verfügung steht. Laut der OECD-Skala wären für alle weiteren zum Haushalt gehörenden Personen, die 15 Jahre oder älter sind, der Faktor 0,5  und für Kinder unter 15 Jahren der Faktor 0,3 des Nettoeinkommens in Anschlag zu bringen, das heißt die Einkommensgrenzen zur Armut und zum Reichtum würden sich entsprechend nach unten bzw. oben verschieben.


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