Kindesvernachlässigung, Kindesmisshandlung, Kindstötung: Information

 

INFORMATION

 

Unter Kindesmisshandlung wird die bewusste oder unbewusste gewaltsame, psychische oder physische Schädigung eines Kindes verstanden, die zur Verletzung und Verstörung des Kindes führt.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef hat am 1. November 2017 eine Studie zur Situation Heranwachsender in 50 Ländern der WELT veröffentlicht. Danach erleben drei Viertel aller Kinder im Alter von zwei bis vier Jahren körperliche oder verbale Gewalt durch ihre Erziehungsberechtigten. Das sind etwa 300 Millionen Mädchen und Jungen weltweit. Etwa die Hälfte aller Kinder im Schulalter (732 Millionen) lebe in einem Land, in dem Prügelstrafen an der Schule nicht vollständig abgeschafft sind. Alle sieben Minuten sterbe ein Jugendlicher zwischen zehn und 19 Jahren an den Folgen von Gewalt. In einigen Regionen seien die Gefahren, Opfer von kollektiver Gewalt zu werden, besonders groß – vor allem in den Konfliktländern des Nahen Ostens. Fast die Hälfte der jungen Opfer von Tötungsdelikten sei in Lateinamerika zu beklagen.

Die Hälfte aller Kinder weltweit – schätzungsweise eine Milliarde Mädchen und Jungen – erleiden jedes Jahr physische, sexuelle oder psychologische Gewalt. Sie tragen Verletzungen und Behinderungen davon oder werden sogar getötet, weil ihre Länder bewährte Strategien für den Kinderschutz nicht umsetzen. Dies ist Ergebnis des ersten Globalen Statusberichts zur Prävention von Gewalt gegen Kinder 2020, den die Weltgesundheitsorganisation zusammen mit Unicef, der Unesco und der UN-Sonderbeauftragten zu Gewalt gegen Kinder sowie der globalen Partnerschaft zur Beendigung von Gewalt gegen Kindern am 18. Juni 2020 in Genf veröffentlicht hat. Dem Bericht zufolge sind im Jahr 2017 weltweit 40.000 Minderjährige ermordet worden.

Laut einer Pressemittteilung der Kinderrechtsorganisation Save the Children vom 28. April 2023 sind weltweit nur 14 Prozent der Kinder gesetzlich vor körperlicher Züchtigung geschützt.

Nach der am 4. September 2014 veröffentlichten Studie Hidden in Plain Sight. A statistical analysis of violence against children (Verborgen in aller Öffentlichkeit) des Kinderhilfswerks Unicef, der bis heute umfassendsten Datensammlung zu Gewalt gegen Kinder, werden eine Milliarde Kinder weltweit regelmäßig geschlagen, sechs von zehn Kindern unter 15 Jahren. 95.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren wurden weltweit im Jahr 2012 ermordet. Lediglich 39 Länder weltweit haben alle Formen der Gewalt gegen Kinder – inklusive häuslicher Gewalt – verboten; dort leben jedoch nur fünf Prozent aller Heranwachsenden. – Jedes elfte deutsche Elternpaar hat sein Kind schon einmal „schwer geschlagen“, jedes 20. gar mit einem Gegenstand. Mehr als zwei Drittel gaben an, den „Klaps auf den Po“ schon mal verteilt zu haben.

Laut Unicef sterben in den Industrieländern jährlich 500 Kinder durch innerfamiliäre Vernachlässigung oder Misshandlung.

In 19 Bundesstaaten der USA ist die „Züchtigung“ von Kindern immer noch erlaubt – nicht nur zu Hause, in der Familie, sondern sogar in öffentlichen Schulen.

 

Laut der polizeilichen Kriminalstatistik (PSK) sind im Jahr 2020 in DEUTSCHLAND 152 Kinder gewaltsam zu Tode gekommen. Die polizeiliche Kriminalstatistik bildet allerdings nur Fälle ab, die der Polizei bekannt wurden, nicht das Dunkelfeld.

Laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 26. Juni 2023 haben die Jugendämter im Jahr 2022 mehr als 46.400 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut genommen, rund 18.900 Fälle oder 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Grund für die starke Zunahme sind mehr unbegleitete eingereiste Minderjährige aus dem Ausland.

Laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 2. August 2023 haben die Jugendämter im Jahr 2022 in Deutschland bei fast 62.300 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt festgestellt. Etwa vier von fünf (79 Prozent) der von einer Kindeswohlgefährdung betroffenen Kinder waren jünger als 14 Jahre, etwa jedes zweite sogar jünger als acht Jahre (47 Prozent).

Noch immer ist fast jeder zweite Befragte der Auffassung, dass ein Klaps auf den Hintern noch keinem Kind geschadet habe, jeder Sechste hält es sogar für angebracht, ein Kind zu ohrfeigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am 19. November 2020 veröffentlichte repräsentative Studie der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie Ulm, UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderschutzbund.

Laut Kinderschutzbund erlebt jedes vierte Kind Gewalt in der Familie. Am stärksten von körperlicher Gewalt betroffen sind demnach Heranwachsende aus armen Familien: 32 Prozent dieser Kinder gaben an, oft oder manchmal geschlagen worden zu sein. Sozial durchschnittliche und bessergestellte Kinder seien deutlich seltener von Gewalt betroffen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Bielefeld. Befragt wurden 900 Kinder zwischen sechs und sechzehn Jahren.

Kinder, die vernachlässigt oder gar misshandelt worden sind, weisen ab einem bestimmten Alter einen niedrigeren Pegel von Stresshormonen auf – eine Reaktion, die weitreichende neurobiologische Folgen für ihr Erleben und Verhalten nach sich ziehen kann. Das haben Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig in einer aktuellen Studie festgestellt. Die Ergebnisse wurden am 28. Februar 2017 in dem Fachmagazin Journal of Child Psychology and Psychatry veröffentlicht.

Literatur:

  • Vernachlässigte Kinder besser schützen. Sozialpädagogisches Handeln bei Kindeswohlgefährdung. Mit einer Einleitung von Dieter Kreft und Hans-Georg Weigel sowie Beiträgen von Christoph Hoppensack, Joachim Merchel, Thomas Meysen, Christian Schrapper, herausgegeben vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS), Ernst Reinhardt Verlag, München 2012 (2. überarbeitete und ergänzte Auflage)
  • Benno Hafeneger, Strafen, prügeln, missbrauchen. Gewalt in der Pädagogik, Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 2011.
  • Helmut Jaschke, Du schlägst mit dem Stock, aber rettest sein Leben! Die religiösen Wurzeln kindlichen Missbrauchs und die Folgen, Wagner Verlag, Gelnhausen 2013.
  • Michael Tsokos, Saskia Guddat, Deutschland misshandelt seine Kinder, Droemer Verlag, München 2014.
  • Markus Breitscheidel, Nicht auf den Kopf! Meine persönlichen Erfahrungen mit Gewalt in der Familie, Econ Verlag, Berlin 2016.
  • Carmen Osten, Kindeswohlgefährdung. Therapiegeschichten zur Gewalt an Kindern und deren Prävention, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2022

 


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