Bodendegradation, Desertifikation: Information

 

INFORMATION

 

Jährlich verlieren wir weltweit über zehn Millionen Hektar guten Bodens. Er wird zubetoniert, mit Chemie behandelt, achtlos bewirtschaftet. Dabei ist er buchstäblich die Grundlage des Lebens: Gesunde Böden bringen Nahrung hervor und bieten zahlreichen Arten Lebensraum.

Als Bodendegradation bezeichnet man die Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen des Bodens [Degradation leitet sich ab aus dem lateinischen Wort degradare (= herabsetzen)] bis hin zur extremsten Form von Bodendegradation, der Desertifikation [vom lateinischen desertus (= wüst) und facere (= machen)], dem Entstehen unfruchtbarer, wortwörtlich wüster Landschaften.

„In Deutschland wird Wüste oft mit Afrika oder Asien in Verbindung gebracht. Auf diese Regionen ist sie jedoch nicht beschränkt: Intensive Landwirtschaft und Klimakrise tragen dazu bei, dass Böden auch in Europa derart degradieren, dass man von Wüstenbildung spricht. (…) Dreizehn EU-Mitgliedstaaten, nicht nur im Mittelmeerraum, sondern auch in Mittel- und Osteuropa, geben mittlerweile an, von Wüstenbildung betroffen zu sein.“ (Bodenatlas 2024, S. 16)

„Böden weltweit haben bereits 50 bis 80 Prozent ihres Humusgehalts durch Ackerbau und Übernutzung verloren – und ohne Gegenmaßnahmen werden sie noch mehr verlieren.“ (Bodenatlas 2024, S. 11)

„In der Europäischen Union (EU) gelten mehr als 60 Prozent der Böden als geschädigt. Jährlich gehen in der EU bereits jetzt ungefähr eine Milliarde Tonnen Boden aufgrund von Erosion durch Wasser verloren.“ (Bodenatlas 2024, S. 40)

Die Erzeugung von drei Zentimetern für Landwirtschaft und Gartenbau geeigneten Bodens dauert 1000 Jahre, und wenn die derzeitigen Degradationsraten weitergehen, könnte der gesamte fruchtbare Mutterboden der Welt innerhalb von 60 Jahren verschwunden sein, sagte ein Vertreter der Welternährungsorganisation FAO am Welternährungstag, dem 16. Oktober 2017, in Rom. Wenn keine neuen Ansätze vorgenommen werden, wird der globale Umfang an Mutterboden und produktiver Fläche pro Person schon im Jahr 2050 nur ein Viertel des Umfangs von 1960 betragen, teilte die FAO mit.

Mehr als 250 Millionen Menschen sind direkt von Wüstenbildung betroffen. Zusätzlich ist der Lebensunterhalt von einer Milliarde Menschen gefährdet, die, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, von Land abhängig sind, und meist sind es die Ärmsten der Welt in mehr als einhundert Ländern. Nach Schätzungen der Experten der UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) verschlingt die „Desertifikation“, wie Experten diesen schleichenden Prozess nennen, jedes Jahr etwa zwölf Millionen Hektar Grün in den Trockengebieten der Erde. Das entspricht der gesamten Ackerfläche Deutschlands. Rund 20 Millionen Tonnen Getreide hätte man auf diesem verlorenen Land anbauen können, hat die Organisation ausgerechnet. Den Menschen in den betroffenen Regionen entgehen durch die Zerstörung jedes Jahr geschätzte 42 Milliarden US-Dollar an Einkommen. Insgesamt sind nach UN-Angaben 3,6 Milliarden Hektar Land in 110 Ländern gefährdet – also etwa ein Viertel der gesamten Landoberfläche der Erde. 23 Hektar Wüste produziert der Mensch laut Angaben der UN pro Minute, oft durch eine falsche Bewirtschaftung. Allein im 20. Jahrhundert ging ein Drittel der globalen Landfläche infolge von Dürre und Versalzung verloren.

Das Sekretariat des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) hat am 27. April 2022 den „Global Land Outlook 2“, die zweite Ausgabe ihres grundlegenden Berichts zur Situation der Böden vorgelegt. Danach sind rund 70 Prozent der Landfläche weltweit vom Menschen verändert worden und bereits etwa 40 Prozent geschädigt und daher nicht mehr so fruchtbar wie ursprünglich. Inzwischen sei bereits die Hälfte der Weltbevölkerung vom Problem der Landdegradierung betroffen, vor allem in Entwicklungsländern. Hauptursache für den schlechten Zustand der Böden seien nicht-nachhaltige Praktiken in der Landwirtschaft.

Die Agrarindustrie ist ein wichtiger Verursacher der Bodendegradation. Mehr als 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche gelten derzeit als geschädigt, wobei die Degradation mit der alarmierenden Geschwindigkeit von zwölf Millionen Hektar pro Jahr fortschreitet – das ist so viel wie etwa die gesamte Agrarfläche der Philippinen.“ (Konzernatlas. Daten und Fakten über die Agrar- und Lebensmittelindustrie, 2017, S. 33; Hervorhebung: C.P.)

Städtebau, Winde und Wüstenbildung bedrohen nach Angaben des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam weltweit immer mehr landwirtschaftlich nutzbare Bodenflächen. Ein Viertel der globalen Landoberfläche sei dafür bereits nicht mehr verwendbar, teilte das IASS am 17. Oktober 2013 mit. Jährlich gingen schätzungsweise 24 Milliarden Tonnen Boden durch Erosion verloren, was auch die intensive Landwirtschaft befördere.

Kein Land hat so heftig mit der Wüstenbildung zu kämpfen wie China. Mehr als ein Viertel des chinesischen Territoriums, gigantische 2,6 Millionen Quadratkilometer, sind bereits verwüstet oder kurz davor, zur Wüste zu werden. Mehr als 400 Millionen Menschen sind mittel- oder unmittelbar gefährdet. (Quelle: Felix Lee, Chinas Verwüstung, Le Monde diplomatique, September 2016)

Die Böden auf etwa 30 Prozent der Landfläche weltweit verschlechtern sich der am 11. Februar 2016 in Berlin vorgestellten Studie „Die weltweite Degradierung von Land und Böden. Die Kosten und Konsequenzen für nachhaltige Entwicklung“ des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZFE) und des International Food Policy Research Institute (IFPRI) zufolge deutlich. Fruchtbarkeit und Produktivität verringerten sich demnach in den vergangenen 30 Jahren auf Weide- und Ackerland ebenso wie auf Waldflächen. Betroffen seien arme wie reiche Länder, insgesamt ein Lebensraum von 3,2 Milliarden Menschen.

Im Juli 2011 haben das Zentrum für Entwicklungsforschung und das International Food Policy Research Institute die Studie The Economics of Desertification, Land Degradation and Drought herausgegeben, die sich mit der Ausbreitung von Wüsten, der Bodenverschlechterung und der Dürre beschäftigt.

 

Literatur:

 


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