Markus 2,21-22

Jesus greift mit diesen beiden Bildworten zwei aus dem altorientalischen Schneider- bzw. Küferhandwerk stammende Regeln auf: Mit einem neuen Stoffstück bessert man kein altes Kleid aus. Man füllt nicht neuen Wein in alte Schläuche.

Im Vordergrund und an erster Stelle steht das Neue. Es geht um die Frage: Wie verhält sich das Neue zur überkommenen Sichtweise? Kann das Alte das Neue aufnehmen? Lässt sich das Neue mit dem Alten verbinden? Jesus erklärt hier sein Verhältnis zur überkommenen Religion. Vielleicht antwortet er auf die Forderung, sein Leben und seine Lehre mehr mit der Überlieferung in Einklang zu bringen, oder auf den Vorwurf, sein Leben und seine Lehre passten nicht zur Tradition. Diesen Eindruck bestätigt er ausdrücklich. Entscheidend ist jeweils die erste Zeile der beiden Abschnitte: Es geht in der Tat um etwas völlig Neues, das mit dem Alten unvereinbar ist.

Mit dem Neuen ist gewiss Jesu Botschaft von der Gegenwart des Reiches Gottes gemeint. Durch dieses Neue verändert sich alles. Das alte Gewand, die alten Schläuche stehen für das traditionelle Kleid und die traditionellen Inhalte der überlieferten Frömmigkeit. Man soll sie beiseite legen. Ihnen kommt jetzt keine Bedeutung mehr zu.

Mit diesem Bildwort thematisiert Jesus also die Unvereinbarkeit seiner Botschaft mit den religiösen Traditionen seiner Zeit. Es zeigt, dass er sich seines völligen und radikalen Neuansatzes durchaus bewusst gewesen ist, und er verteidigt ihn. Er weiß nur zu gut um das absolut Neue seiner Botschaft und wehrt sich gegen die schon zu seinen Lebzeiten virulente, später in der neutestamentlichen Überlieferung unverkennbare Tendenz, seine Botschaft wieder in die alten Gewänder einpassen bzw. mit den alten Kategorien fassen zu wollen.


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