Zum Gedenktag der Reformation

„Die Wahrheit eines Christentums, das der Reich-Gottes-Verkündigung Jesu folgt, ist aus sich überzeugend. Diese Wahrheit muss nicht geglaubt, nicht bewiesen und nicht verteidigt werden. Sich auf sie einzulassen, verlangt kein Verstandesopfer, sondern Sensibilität, Mitmenschlichkeit und Mitgefühl für alles Leben. Das Christentum, das sich in dieser Rückbesinnung auf die Reich-Gottes-Thematik zu sich selbst bekehrt, ist eine Größe, die sich heute selbst noch nicht kennt. (…)
Doch ohne Systembruch gibt es kein Überleben. Natürlich kann die heutige Kirche noch hundert Jahre dahinsiechen, vielleicht auch zu einem kämpferischen Fundamentalismus degenerieren, aber ein lebendiges (…) Christentum hat nur Zukunft, wenn es sich auf eine neue Grundlage stellt, die allen zweifelsfrei gegebenen Erkenntnissen Rechnung trägt und sich in diesem Sinne von ihrem Gründer und Grund her neu erfindet.“

Hubertus Halbfas (1932–2022, katholischer Theologe), aus: Glaubensverlust. Warum sich das Christentum neu erfinden muss, Patmos Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2011 (2. Auflage), S. 29 und S. 100


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