Zum 8. August 2020

Der gebürtige Katalane ist „einer der profiliertesten Vertreter der lateinamerikanischen Befreiungstheologie“, wie der Claretiner-Orden betont, dem er seit 1943 angehört. Erst 1968 geht er als Missionar nach Brasilien, wo er mehr als zehn Jahre lang der einzige ständig anwesende Pfarrer in einem Gebiet von 150000 qm im Norden des Bundesstaats Matto Grosso ist. 1971 wird er Bischof. Sein Amt tritt er erst  nach einer Befragung der Gläubigen und der anderen Geistlichen des Gebiets an. Den Verzicht auf die üblichen bischöflichen Amtsinsignien begründet er mit einem Gedicht:

Deine Mitra sei der Strohhut des Sertanejo, die Sonne und das Mondlicht, der Regen und der Tau, der Blick der Armen, mit denen Du unterwegs bist und das glorreiche Antlitz Christi, des Herrn. Dein Stab sei die Wahrheit des Evangeliums und das Vertrauen, das dein Volk in Dich setzt. Dein Ring sei die Treue des Neuen Bundes des befreienden Gottes und die Treue zum Volk dieses Landes. Keinen anderen Schild wirst Du haben als die Kraft der Hoffnung und die Freiheit der Kinder Gottes und keine anderen Handschuhe wirst Du tragen als den Dienst der Liebe.

Sein „Volk“, das sind die Kleinbauern, Tagelöhner, Siedler und Indios. Schon kurz nach Amtsantritt beschreibt er deren Lage in seinem ersten Hirtenbrief unter dem Titel „Eine Kirche in Amazonien im Konflikt mit dem Großgrundbesitz und die soziale Marginalisierung“ und macht sich damit von vornherein viele mächtige Feinde. In diesem Konflikt steht aber die Bischofskonferenz und Papst Paul VI zu ihm. Aber auch Casaldáliga gerät später ins Visier der Römischen Glaubensbehörde; 1986 kommt es zu einer Befragung durch Kardinal Ratzinger, dem damaligen Chef der Glaubensbehörde. Casaldaliga  lässt sich aber nicht einschüchtern und macht die an ihn gerichteten Fragen 1988 öffentlich.

Veit Schäfer

 

Wir sind Kirche International trauert um Dom Pedro Casaldáliga, der bereits am vergangenen Samstag, 8. August mit 92 Jahren verstarb. Er war ein überzeugter und überzeugender Jünger Jesu und seiner Botschaft. Der gebürtige Spanier lebte seit 1968 in Brasilien, wo er 1971 zum Bischof von São Félix do Araguaia geweiht wurde.

Er war ein prophetischer Bischof, der letzte Überlebende dieser außerordentlichen Generation von „heiligen Vätern der lateinamerikanischen Kirche“, der sich mit Haut und Haaren der Option für die Armen verschrieben hatte. Geleitet von festem Glauben und einer tiefen Spiritualität der Befreiung, hat er sein ganzes Leben in den Dienst der sozialen Gerechtigkeit gestellt. Er kämpfte gegen Unterdrückung und Gewalt, für die Bewahrung der Schöpfung, gegen die Ausbeutung der Umwelt und für eine neue solidarische Weltordnung. Mutig setzte er sich für eine Agrarreform ein, verteidigte die Amazonasbevölkerung und stand den lateinamerikanischen Völkern in ihrem Kampf um Befreiung bei.

Er war davon überzeugt, dass die Armen den organisierten Beistand der Kirche brauchten. So gehörte er zu den Gründern der «Pastoral Commission for the Land (CPT)» und dem «Indigenous Missionary Council (CIMI)». Deshalb wurde er verfolgt, war ständig in Todesgefahr, sah viele seiner Mitarbeiter sterben. Oft wurde er auch vom Vatikan kritisiert, weil er eine Reform der Katholischen Kirche bezüglich ihrer Machtstrukturen, ihrer Ämter und ihrer Lehre forderte. […]

In der Freiheit des Mystikers und des Poeten verband er stets die Sehnsucht nach einer freieren und gerechteren Gesellschaft mit der Hoffnung auf eine einladende und demokratische Kirche.

Aus der Pressemitteilung von „Wir sind Kirche International“ vom 11. August 2020 zum Tod von Bischof Pedro Casaldáliga

Literatur:

  • Francesco Escribano, Barfuß über rote Erde. Das Leben des Bischofs Dom Pedro Casaldáliga, Hermagoras Verlag, Klagenfurt 2003

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