Zum 4. April 1968

Am 4. April 1968, kurz nach 18 Uhr, bricht der US-Bürgerrechtler Martin Luther King auf dem Balkon des Lorraine Motels in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee, von einer Gewehrkugel tödlich getroffen, zusammen. Der weltbekannte Schwarzenführer und Prediger befindet sich in der Stadt, um einen Protestmarsch anzuführen. Die Bewegung für Rassengleichheit ist ihrer wichtigsten Führungsfigur beraubt.

Das Attentat ist bis heute von Rätseln umgeben. Für die Tat verurteilt wurde James Earl Ray, der die Tat bis zu seinem Tod 1998 bestritt.

 

Am Vorabend seiner Ermordung predigt Martin Luther King in der Meason Temple Church in Memphis. In seiner „Berggipfelrede“ („I’ve Been To The Mountaintop“) fasst er sein eigenes Leben zusammen. Er beendet seine Rede mit den Worten:

Well, I don’t know what will happen now. We’ve got some difficult days ahead. But it really doesn’t matter with me now, because I’ve been to the mountaintop and I don’t mind. Like anybody, I would like to live a long life. Longevity has its place. But I’m not concerned about that now. I just want to do God’s will, and He’s allowed me to go up to the mountain. And I’ve looked over and I’ve seen the Promised Land. I may not get there with you, but I want you to know tonight, that we as a people will get to the Promised Land. And I’m happy tonight; I’m not worried about anything. I’m not fearing any man. Mine eyes have seen the glory of the coming of the Lord.

Nun, ich weiß nicht, was jetzt geschehen wird. Schwierige Tage liegen vor uns. Aber es bedeutet mir wirklich nichts mehr. Weil ich auf dem Berggipfel war, macht es mir nichts mehr aus. Wie alle Menschen würde ich gern lange leben. Es ist etwas Schönes, alt zu werden. Aber darum sorge ich mich jetzt nicht. Ich möchte allein Gottes Willen tun. Und er hat mir erlaubt, den Berg zu erklimmen. Und ich habe hinübergeschaut und das Gelobte Land gesehen. Vielleicht werde ich es nicht mit euch erreichen, aber ich möchte euch heute Abend sagen, dass wir als Volk in das Gelobte Land einziehen werden. Darum bin ich heute Abend glücklich. Ich sorge mich um nichts. Ich fürchte keinen Menschen. Meine Augen haben die Herrlichkeit des Kommens Gottes geschaut.

 

Michael King wurde am 15. Januar 1929 in Atlanta,Georgia, geboren. Aus Liebe zu seinem Vater, Pastor Martin Luther King Sr., und aus Bewunderung für Martin Luther wandelte er als Teenager seinen Namen in Martin Luther King um. Nachdem sich Rosa Parks am am 1. Dezember 1955 in Montgomery, Alabama geweigert hatte, im Bus ihren Platz für einen Weißen freizumachen, wurde Martin Luther King als Vorsitzender des Ausschusses, der einen Busboykott organisieren sollte, zum charismatischen Anführer und wichtigsten Sprecher des „Civil Rights Movement“, der Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner in den USA. Seine Rede „I have a dream“ (Ich habe eine Traum) beim „Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit“ am 28. August 1963 machte ihn weltberühmt. Aus dem Civil Rights Movement wurde dank King eine Massenbewegung, die eine große Wirkung erzielte: Die Rassentrennung wurde gesetzlich aufgehoben und das uneingeschränkte Wahlrecht für die schwarze Bevölkerung der Südstaaten eingeführt. Nun wollte Martin Luther King das nächste Kapitel schreiben. Sein Engagement in Memphis gehörte zur neuen „Poor People’s Campaign“, der „Kampagne der armen Leute“. King sprach nicht mehr nur von seinem Traum einer Gesellschaft ohne Rassendiskriminierung, er sprach von Revolution und von „radikaler Umverteilung der wirtschaftlichen und politischen Macht“.

Die Ermordung Martin Luther Kings löst in mehr als 100 Städten der USA blutige Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten aus. Weltweit kommt es zu Solidaritätskundgebungen. 1999 stellte ein Geschworenengericht fest, dass Martin Luther King einem Mordkomplott zum Opfer fiel, bei dem die amerikanische Regierung, das Militär sowie FBI und CIA die Strippen zogen. Nachdem King in den letzten Jahren seines Lebens zum erbitterten Gegner des Vietnamkriegs geworden war und sich für eine Überwindung der Armut in Amerika engagierte, war er zu einer Bedrohung für die US-Regierung und die amerikanische Rüstungsindustrie geworden. Kings Strategie war, im Frühjahr 1968 die Hauptstadt so lange stillzulegen, bis die Regierung einverstanden sein würde, die Armut in den USA abzuschaffen.

In seiner Ansprache anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises 1964 formulierte King seine Vision eines weltweiten Hauses, in dem eine Familie aus verschiedenen Rassen, Religionen, Ideen, Kulturen und Interessen lernen müsse, wie Geschwister zusammen zu leben. Die Alternative sei, wie Narren gemeinsam zu sterben. Seine Vision hat er im letzten Kapitel von “Where Do We Go From Here: Chaos or Community?“ weiterentwickelt, das 1967 veröffentlicht wurde. King nennt Rassismus, Armut und Materialismus, sowie Krieg die drei Hauptbedrohungen für das Überleben der Menschheit; er fordert uns auf, dieses dreifache Übel auszumerzen, uns sozialer Ungerechtigkeit entgegenzustellen und Konflikte gewaltfrei zu lösen. Er empfiehlt einen Marshall Plan zur Abschaffung der weltweiten Armut und rät den Vereinten Nationen aufs Dringlichste, den Versuch zu machen, direkt und gewaltfrei in internationalen Konflikten zu intervenieren. Er verkündet die Notwendigkeit einer übergeordneten Treue zur Menschheit als Ganzer sowie einer allumspannenden bedingungslosen Liebe zu allen Menschen.

Ich weigere mich zu glauben, der Mensch sei lediglich treibendes Wrack- und Strandgut im Strom des Lebens, der ihn umgibt.
Ich weigere mich, die Ansicht zu übernehmen, die Menschheit sei so tragisch der sternenlosen Mitternacht des Rassismus und des Krieges verhaftet, dass der helle Tagesanbruch des Friedens und der Brüderlichkeit nie Wirklichkeit werden könne.
Ich weigere mich, die zynische Meinung zu übernehmen, eine Nation nach der andern müsse eine militaristische Stufenleiter hinabsteigen bis in die Hölle thermonuklearer Vernichtung.
Ich glaube, dass unbewaffnete Wahrheit und bedingungslose Liebe das letzte Wort in der Wirklichkeit haben werden.
Das ist der Grund, warum Recht, auch wenn es vorübergehend unterliegt, stärker ist als triumphierendes Böses.
Ich besitze die Kühnheit zu glauben, dass Völker allerorten täglich drei Mahlzeiten für ihren Körper, Erziehung und Kultur für ihren Verstand und Würde, Gleichheit und Freiheit für ihren Geist haben können.
Ich glaube, dass auf den anderen ausgerichtete Menschen
wiederaufbauen können, was auf sich selbst ausgerichtete Menschen zerstört haben.

Aus der Dankesrede, die Martin Luther King am 10. Dezember 1964 bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises in Oslo hielt

Ich hatte nie die Absicht, mich an die Übel der Rassentrennung und Diskriminierung anzupassen. Ich hatte nie die Absicht, mich an religiöse Frömmelei anzupassen. Ich hatte nie die Absicht, mich an wirtschaftliche Verhältnisse anzupassen, in denen vielen das Notwendigste vorenthalten wird, um wenigen Luxus zu ermöglichen. Ich hatte nie die Absicht, mich an den Irrsinn des Militarismus und die selbstzerstörerische Wirkung physischer Gewalt anzupassen. Und ich rufe alle Menschen guten Willens auf, nicht-angepasst zu sein, weil es sehr wohl sein könnte, dass die Rettung unserer Welt in den Händen der Nicht-Angepassten liegt.

Alle Bewohner der Erde sind Nachbarn.

Wir müssen immerfort Deiche des Mutes bauen gegen die Flut der Furcht.

 

Das ist die Schwäche von Gewalt:
Sie erzeugt genau das, was sie zerstören will.
Anstatt das Böse zu verringern, vervielfältigt sie es.
Mit Hilfe von Gewalt ermordet man den Hassenden,
aber nicht den Hass. Gewalt vermehrt Hass.
Wer Gewalt mit Gewalt erwidert,
vervielfältigt damit die Gewalt:
eine abwärtsführende Spirale.
So wird eine sternenlose Nacht noch dunkler.
Dunkelheit kann Dunkelheit nicht vertreiben,
das kann nur Liebe.

 

Literatur:

Das King Center in Atlanta lädt Besucher dazu ein, die eigenen Träume auf seiner Website zu veröffentlichen.


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