Zum 29. April 1972

 

Dass Harald Poelchau den NS-Terror überlebte, ohne verhaftet zu werden, grenzt an ein Wunder: Poelchau war von 1933 an evangelischer Pfarrer in den Berliner Gefängnissen Tegel und Plötzensee. Zunächst begleitete er Verbrecher in ihren letzten Stunden und auf dem Weg zum Schafott, dann immer mehr Widerstandskämpfer. Er versteckte Juden in Berlin und schloss sich selbst dem Kreisauer Kreis um Helmuth James von Moltke an, schmuggelte Briefe in die Zellen und stand den Widerstandskämpfern bei. Seine größte Leistung, an der seine Frau Dorothee ebenso beteiligt war wie er, bleibt die Rettung einer großen Schar von Berliner Juden. Von den etwa 5000 Juden, die in Berlin untergetaucht waren, haben 1500 überlebt, und kaum jemand hatte an ihrer Rettung größeren Anteil als Harald und Dorothee Poelchau.

Am 18. September 2017 wurde in einer öffentlichen Veranstaltung in der früheren Karl-Maron-Straße in Berlin-Marzahn, die vor 25 Jahren in Poelchaustraße umbenannt wurde, eine Stele übergeben, die an Dorothee Poelchau (1902–1977) und Harald Poelchau (1903–1972) erinnert. Ziel der Initiatoren des Erinnerungsprojekts ist es, über die Namensgeber, die keinen biografischen Bezug zur Poelchaustraße haben, zu informieren und an ihre gelebte Menschlichkeit und Zivilcourage zu erinnern.

 

Literatur:

  • Klaus Harpprecht, Harald Poelchau. Ein Leben im Widerstand, Rowohlt Verlag, Reinbeck 2004
  • Ferdinand Schlingensiepen, Vom Gehorsam zur Freiheit. Biografien aus dem Widerstand, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2014, S. 105–125
  • Irene Dänzer-Vanotti, Der Schrei der Amsel, in: Publik-Forum Nr. 14/2012, S. 38–40

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