Zum 27. November 1978

Der charismatische Schwulen-Aktivist Harvey Milk wird im San Francisco der 1970er Jahre zum ersten homosexuellen Stadtverordneten. Schnell wird er populär, denn er praktiziert Bürgernähe, organisiert Nachbarschaftshilfen und setzt sich für Minderheiten ein. 1978 nimmt Milk entschieden gegen die „Briggs-Initiative“ Stellung, eine Anti-Schwulen-Kampagne. Zusammen mit dem progressiven Bürgermeister George Moscone erarbeitet er eine Gesetzesvorlage zur Sicherung der Rechte von Homosexuellen, die auch von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet wird. Die einzige Gegenstimme kommt von seinem späteren Mörder Dan White. „Dies ist nicht mein Sieg, es ist euer Sieg“, hatte Milk nach seiner Wahl gesagt. „Wenn ein Schwuler gewinnen kann, bedeutet dies, dass es Hoffnung gibt, dass das System – wenn wir kämpfen – für alle Minderheiten funktioniert.“ Milks Kampf rief Gegner auf den Plan, das wusste er. Eine Woche nach dem Wahlsieg zeichnete er auf Tonband ein ahnungsvolles politisches Vermächtnis auf: „Wenn mich eine Kugel in den Kopf treffen sollte, lasst diese Kugel alle Schranktüren zerstören, hinter denen sich Schwule und Lesben noch verstecken müssen.“ Raus aus den Schränken, also hinein in ein offenes Leben, das war der Schlachtruf der Homo-Bewegung: „out of the closets, into the streets.“

Milk beauftragte Gilbert Baker, ein neues Symbol für die LGBTQ+-Gemeinschaft zu schaffen. Das bisherige Symbol war ein rosafarbenes Dreieck – in Anlehnung an die menschenverachtende Symbolik der Nazis. Die neue Flagge sollte hingegen Stolz erzeugen. Baker nähte im Juni 1978 Stoffstücke in den Farben Pink, Rot, Orange, Gelb, Grün, Türkis, Blau und Lila zusammen und schuf daraus die Regenbogenflagge, auch „Pride Flag“ genannt. Nur insgesamt zwei Exemplare dieser ersten Pride Flags wehten am 25. Juni 1978 bei der San Francisco Gay Freedom Day Parade.


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