Zum 25. September 1973

Als Nerudas sterbliche Überrestein Santiago de Chile zwischen zwei Reihen bewaffneter Soldaten zu Grabe getragen wurde, rief ein „Vorrufer“ laut in die Menge «¡Camarada Pablo Neruda!», die Menge antwortete mit «¡Presente!», dann wieder «¡Camarada Pablo Neruda!» – «¡Presente!» und schließlich «¡Camarada Pablo Neruda!» – «¡Presente, ahora y siempre!», also „Genosse Pablo Neruda!“ – „Anwesend!“, „Genosse Pablo Neruda!“ – „Anwesend!“, „Genosse Pablo Neruda!“ – „Anwesend, jetzt und immer!“. Das gleiche Spiel wiederholte sich mit «¡Camarada Salvador Allende!» und «¡Compañero Víctor Jara!». An seinem Grab wurde die Internationale gesungen.

Pablo Neruda ist nach Einschätzung internationaler Experten nicht, wie von der Militärjunta seinerzeit behauptet, an Prostatakrebs gestorben. »Es ist zu 100 Prozent klar, dass die Sterbeurkunde nicht die Realität widerspiegelt«, erklärte der spanische Forensiker Aurelio Luna im Oktober 2017 nach einer Untersuchung sterblicher Überreste durch 16 Spezialisten aus Chile, Spanien, den USA, Frankreich, Kanada und Dänemark, bei der ein Giftstoff gefunden wurde. Wie dieser in den Körper gelangte, sollen weitere Analysen klären. Die Untersuchung war von der Kommunistischen Partei Chiles beantragt worden. Deren Anwalt Eduardo Contreras erklärte, er habe keine Zweifel, dass Neruda auf Befehl der Militärjunta von General Augusto Pinochet vergiftet wurde. Nach Angaben von Nerudas Chauffeur und Assistent Manuel Araya wurde dem Schriftsteller »eine Injektion in den Magen verpasst; sie sagten mir, es sei ein Mittel gegen Schmerzen«. Stunden später sei Neruda gestorben.


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