Zum 24. Juni 1859

Eine Geschäftsreise hatte Henri Dunant in die Nähe der norditalienischen Stadt Solferino gebracht. Dort wurde er unfreiwillig Zeuge einer furchtbaren Schlacht, die Napoleon III. zusammen mit der italienischen Einigungsbewegung gegen Österreich führte: „Fünfzehn Stunden lang kannten 300.000 Menschen kein höheres Ziel, als mit Kugel, Bajonett, Gewehrkolben oder würgenden Händen andere Menschen zu töten.“ Als am Spätnachmittag der österreichische Kaiser den Rückzugsbefehl gab, fand das Gemetzel endlich ein Ende, das 38.000 Menschenleben forderte. Mit dem Ausruf „Tutti fratelli!“, „Alle sind Brüder!“, organisiert Dunant Hilfstrupps ohne Unterscheidung von Freund oder Feind, Herkunft oder Religion. Das ist der Gedanke, der ihn bewegt, eine Haltung, mit der er seiner Zeit voraus ist. Die Idee, freiwillig und unter neutraler Flagge Erste Hilfe zu leisten, war in diesem Moment geboren.

Geschäftlich reist Dunant 1859 nach Italien, und was er auf dem Schlachtfeld von Solferino sieht, lässt ihn nicht mehr los. Dunant fordert verbindliche Regeln für die Kriegsführung, um weiteres Leid zu verhindern. Er hält seine Eindrücke in „Eine Erinnerung an Solferino“ fest, produziert das Buch 1862 auf eigene Kosten, verschickt es in ganz Europa. Dunant findet Unterstützer: Am 9. Februar 1863 wird das „Interna­tionale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege“ gegründet, später wird es umbenannt in „Internationales Komitee vom Roten Kreuz“. Sein Erkennungszeichen: das rote Kreuz auf weißem Grund – die farblich umgekehrte Schweizer Nationalflagge. Im darauffolgenden Jahr, am 22. August 1864, unterzeichnen zwölf europäische Staaten die erste Genfer Konvention, das erste internationale humanitäre Abkommen. Die Länder verpflichten sich dazu, im Krieg keine Verwundeten, Sanitäter oder Lazarette anzugreifen.

 


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