Zum 19. Juli 1979

Am 17. Juli 1979 floh Somoza mit seiner Familie, seinen Mätressen, der Staatskasse und den Gebeinen seiner Vorfahren nach Miami. Der von ihm eingesetzte Statthalter Francisco Urcuyo konnte sich gerade einen Tag halten, dann zogen die Sandinisten am 19. Juli mit einem Volksfest in Managua ein. Mehr als 30.000 Menschen waren getötet worden.

Der Sieg der Sandinistischen Befreiungsbewegung (FSLN), eine Guerilla aus jungen Leuten, die aus den Universitäten, aber auch aus einfachen Bauernfamilien stammten, setzte einen Prozess tiefgreifender Veränderungen in Gang, insbesondere im Gesundheits- und Erziehungswesen und in den Besitzverhältnissen auf dem Land. Daisy Zamora, Poetin und stellvertretende Kulturministerin in der ersten sandinistischen Regierung nach dem Sturz des Diktators Somoza, sprach damals aus, wofür viele in der Welt die Revolution in Nicaragua bewunderten: „Der revolutionäre Triumph ist ein kultureller Sieg. Nicaragua braucht ein neues Konzept und eine neue Praxis der Kultur. Diese muss die Interessen, die Ideale und Hoffnungen der Menschen berücksichtigen und andererseits sie selbst zu Autoren, Konsumenten und Protagonisten dieses Konzepts machen.“ Im Rückblick erinnert sich die Dichterin an die intensive Arbeit im Kulturministerium, in dem man nicht nur über die Alphabetisierung der Bevölkerung nachdachte, sondern auch darüber, wie überall im Land Poesie-Werkstätten geschaffen werden könnten. „Wir wollten wirklich den Menschen dienen. Es ging uns nicht um Macht an sich. Unser Traum war es, das kreative Potential der Menschen zu fördern, so dass jeder selbst Protagonist und Schöpfer von Kultur sein könnte.“ Gerade dieser basisdemokratische Anspruch, dieses Streben nach Selbstverwaltung in allen Bereichen der Gesellschaft machte das sandinistische Projekt weltweit so anziehend. (medico international-rundschreiben 02/09, S. 26f.)

„Unmittelbar nach dem Sieg der sandinistischen Rebellen in Managua sah ich folgendes Transparent an der baufälligen, von tropischen Unwettern ausgewaschenen Fassade des Innenministeriums. ‚La solidaridad es la ternura de los pueblos‘ (‚Die Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker‘). Das Zitat stammt von der nicaraguanischen Schriftstellerin und sandinistischen Kämpferin Gioconda Belli.“ (Jean Ziegler, Ändere die Welt! Warum wir die kannibalische Weltordnung stürzen müssen. Aus dem Französischen übertragen von Ursel Schäfer, C. Bertelsmann Verlag, München 2014, S. 274 und Anm. 2)


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