Zum 17. Oktober 1993

Helmut Gollwitzer trat nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 entschieden für die „Bekennende Kirche“ ein (vgl. auch hier) und war später unter anderem Wegbegleiter der Studentenbewegung wie der sozialen Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre. Über Jahrzehnte war die theologische und politische Existenz unzähliger Menschen sehr eng mit der Person dieses ganz besonderen Menschen verbunden. Sehr vielen hat Helmut Gollwitzer mit seinem lebendigen Beispiel immer wieder Mut und Hoffnung gemacht.

1976 wurde Helmut Gollwitzer gebeten, eine Rede bei der Beerdigung von Ulrike Meinhof zu halten. Seine Grabrede ist bis heute bewegend und ein Vorbild, wie man mit idealistischen Kämpfern umgehen kann: Nachdem er klargemacht hatte, dass er den Weg von Ulrike Meinhof abgelehnt hat, so wie sie seine Form des Engagements abgelehnt hat, zeigte er Verständnis für ihre Motive: Sie habe sich das Leben schwer gemacht, weil sie sich das Elend der anderen Menschen so nahe gehen ließ. Und er sieht in ihrem Weg eine Anfrage an »uns«: »Hätte sie bei uns mehr Menschen gefunden, ebenso bereit, mitzukämpfen für eine menschenfreundlichere Gesellschaft, und nicht zuerst darauf bedacht, die eigene Haut zu retten, wären wir ebenso entschieden und rücksichtslos gegen uns selbst gewesen, vielleicht hätte sie dann mit uns eine Strategie der Befreiung gesucht, die anders ausgegangen wäre und nicht gezeichnet von Hass und Gegenhass.« Und er fügt hinzu: »Dafür fehlt sie uns jetzt.«

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