Zum 16. September 2022

Nach der Ermordung und dem Begräbnis von Jina Mahsa Amini erhob sich in der Region Saqqez, ihrem Herkunftsort, der (kurdische) Kampfesruf „Jin, Jiyan, Azadî“, ins Persische übersetzt „Zan, Zendegi, Azadi“, auf Deutsch „Frau, Leben, Freiheit“, und wurde schnell in alle Teile des Landes getragen. Es kam zur größten und längsten Protestwelle seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979.

Wir sehen im Iran die erste von Frauen angeführte Revolution unserer Zeit. Eine weiblich angeführte Revolution. Das gab es noch nie und ich denke, darin besteht ihr Zauber.“ (Nazanin Boniadi in: „Die mutigen Frauen Irans“, s.u.)

Bis Ende Oktober 2023 sind laut Menschenrechtsgruppen mehr als 20.000 Menschen festgenommen und mindestens 500 Demonstrierende getötet worden. Die Dunkelziffer der Ermordeten könnte jedoch weit höher liegen. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) vom 11. Januar 2023 wurden im Rahmen der jüngsten Protestwelle im Land bislang 88 Medienschaffende verhaftet.

Mehr als ein Jahr später sind die Proteste auf den Straßen abgeebbt. Nach wie vor leisten viele Menschen jedoch subtilen Widerstand, darunter zahlreiche Frauen, die sich weiterhin weigern, den Hidschab zu tragen.

Am 8. und am 12. Dezember 2022 sind bereits zwei Todesurteile im Zusammenhang mit den Protesten vollstreckt worden. Am 7. Januar 2023 wurden wiederum zwei Personen hingerichtet. Seit dem Beginn der Proteste verhängte die iranische Justiz bis zum 9. Januar 2023 insgesamt 17 Todesurteile, von denen vier vollstreckt wurden. Am 19. Mai 2023 sind drei weitere Demonstranten nach umstrittenen Prozessen exekutiert worden. Wie die Organisation Human Rights Activists News Agency am 23. November 2023 mitteilte, ist ein weiterer Teilnehmer an den systemkritischen Protesten im Jahr 2022 hingerichtet worden. Am 23. Januar 2024 berichtete das Justizportal Misan, das als Sprachrohr der iranischen Justiz gilt, dass ein weiterer Teilnehmer der regimekritischen Demonstationen hingerichtet worden ist.

Im Jahr 2022 wurde Jina Mahsa Amini posthum mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments ausgezeichnet.

Am 12. Dezember 2023 sind Jina Mahsa Amini und die dazugehörige Freiheitsbewegung „Frau, Leben, Freiheit“ mit dem Sacharow-Preis des EU-Parlaments ausgezeichnet worden.


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