Zum 16. Dezember 1992

Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Diesen Satz aus dem Talmud zitiert Gunter Demnig, wenn er über seine Stolpersteine spricht.

Die Stolpersteine sind kubische Betonsteine mit einer Kantenlänge von 96 mal 96 Millimetern, auf deren Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet. Sie verzeichnet Lebensdaten sowie Angaben zum Schicksal. Die Stolpersteine werden in der Regel vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster des Gehweges eingelassen. Mit den Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Wer sie sieht und lesen will, muss sich bücken, sich, so Demnigs Intention, vor ihnen verbeugen. Es gibt, hofft Demnig, ihnen ihre Würde zurück. Die Stolpersteine machen eindringlich klar, dass Juden, Sinti, Roma und politisch oder sonstwie Verfolgte ganz normal in ganz normalen Straßen gelebt hatten, dass sie einst Nachbarn waren, Freunde. Im Jahr 2012 ist Gunter Demnig mit dem Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden ausgezeichnet worden.

Das Projekt ist im August 2018 auf fast 70.000 verlegte Steine in fast 2.000 Kommunen in Europa gewachsen. Am 29. Dezember 2019 hat Gunter Demnig in Memmingen den 75.000. Stolperstein verlegt. Bis Ende 2022 waren es etwa 95.000 Steine.  Die Stolpersteine gelten inzwischen als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. 111 Tafeln wurden nach Demnigs Worten bislang zerstört oder entfernt. Jeden Stein hat er ersetzt. Die Kosten von 132 Euro pro Stolperstein übernehmen Paten.

Städte, die die Verlegung von Stolpersteinen ablehnen, berufen sich meist auf die Kritik der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG), Charlotte Knobloch, der vehementeste Gegnerin von Demnigs Projekt, die es als „unerträglich“ bezeichnete, die Namen ermordeter Juden auf Tafeln zu lesen, die in den Boden eingelassen sind und worauf mit Füßen „herumgetreten“ werde, oder machen die Zustimmung zur Verlegung von einem positiven Votum ihrer jüdischen Gemeinde abhängig. Das bekannteste Beispiel ist München: Am 29. Juli 2015 sprach sich der Münchener Stadtrat mit breiter Mehrheit gegen die Stolpersteine auf öffentlichen Straßen und Plätzen der Stadt aus.

Details

In Hamburg haben die jungen Medienwissenschaftlerinnen Marta Werner und Sarah Dannhäuser die Idee weiterentwickelt. Mit Hilfe einer Mobilfunk-App werden aus den goldenen Klötzen “Stolpertonsteine”. Per Smartphone lassen sich Dateien ansteuern, in denen professionelle Sprecher die Biographie der Opfer erzählen. Eingebettet in einer Klanglandschaft aus der Gegenwart soll so ein neuer Zugang zur Hamburger Geschichte entstehen.

Medien:

  • Gunter Demnig, Stolpersteine, DVD

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