Zum 16. April 1963

Als Martin Luther King nach acht Tagen aus dem Gefängnis entlasssen wurde, waren bereits fast eine Million Exemplare des Textes „Why We Can’t Wait“ („Warum wir nicht warten könnnen“) im Umlauf. Im Folgenden ein kurzes Zitat und zwei längere Absätze daraus:

Injustice anywhere is a threat to justice everywhere. We are caught in an inescapable network of mutuality, tied in a single garment of destiny. Whatever affects one directly, affects all indirectly.

Wenn irgendwo Unrecht geschieht, ist überall die Gerechtigkeit in Gefahr. Wir sind in einem Netz wechselseitiger Beziehungen gefangen, aus dem wir nicht mehr entrinnen können. Uns alle hüllt dasselbe Gewand des Schicksals ein. Was den einen unmittelbar berührt, berührt mittelbar auch alle anderen.

 

Es gab einmal eine Zeit, wo die Kirche sehr mächtig war. Das war damals, als die Christen sich noch freuten, wenn sie für wert erachtet wurden, für ihren Glauben zu leiden. In jenen Tagen war die Kirche nicht nur ein Thermometer, das die Ideen und Grundsätze der öffentlichen Meinung anzeigte, sie war der Thermostat, der die Sitten der Gesellschaft regelte. In jeder Stadt, in die die frühen Christen kamen, wurden die Machtverhältnisse gestört, und die Machthaber versuchten sofort, sie als ‚Friedensstörer’ und ‚fremde Agitatoren’ zu überführen. Aber sie blieben bei ihrer Überzeugung, eine ‚Siedlung des Himmels’ zu sein und Gott mehr gehorchen zu müssen als den Menschen. Ihre Zahl war klein, aber ihre Bekenntnistreue war groß. Sie waren zu ergriffen und erfüllt von Gott, um sich von der gewaltigen Zahl ihrer Gegner einschüchtern zu lassen. Sie machten uralten Übeln wie Kindermord und Gladiatorenkämpfen ein Ende.

Heute ist es anders. Die Kirche unserer Zeit ist oft nur eine schwache, wirkungslose und unsicher klingende Stimme. Nur zu oft ist sie der stützende Pfeiler des Status quo. Weit davon entfernt, durch die Gegenwart der Kirche gestört zu sein, fühlen sich die Machthaber in den meisten unserer Städte noch bestärkt durch ihre schweigende und oft sogar laut ausgesprochene Sanktionierung der bestehenden Zustände. Aber das Gericht Gottes ist über der Kirche wie nie zuvor. Wenn sie den heiligen Geist, der die frühe Kirche beseelte, nicht wiedergewinnen kann, wird sie ihre Glaubwürdigkeit verlieren, die Treue von Millionen von Gläubigen verwirken und als ein für das 20. Jahrhundert bedeutungsloser geselliger Verein abgetan werden. Ich begegne täglich jungen Menschen, deren Enttäuschung über die Kirche sich zu ausgesprochenem Ekel gesteigert hat.

Den gesamten Text finden Sie hier, die deutsche Übersetzung hier.


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