Zum 14. Juli 1994

Zitate:

Meine Hoffnung sind die vielen, die bisher stumm geblieben sind, die Zornigen, die sich empören, sind die Spinner, die ganz andere Träume wagen. Mitten in der schlechten Gegenwart, die von Konkurrenz und Rivalität beherrscht ist, entstehen Keimzellen brüderlicher und schwesterlicher Gemeinsamkeit. Dem Verfall setzen sie Regeneration entgegen, der zentral gesteuerten Monotonie überraschende Vielfalt. Nicht Härte, sondern Zärtlichkeit findet man da, nicht die Kälte der Macher, sondern die Wärme der Liebenden.

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Ist ein solch notwendiger Kurswechsel noch möglich? Ich meine schon. Es muss nur der politische Wille vorhanden sein, ihn zu riskieren. Voraussetzung einer solchen massenhaften Willensäußerung, der sich die Herrschenden nicht länger verschließen könnten, wäre allerdings ein entschiedener Sinneswandel. Immer mehr, immer höher, immer weiter, immer schneller, immer stärker – das waren die Ziele des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts.
Die neuen Parolen müssten heißen: mehr Liebe, mehr Bescheidenheit, mehr Nähe, mehr Übersichtlichkeit, mehr Lebensnähe, mehr Zärtlichkeit und nicht zuletzt mehr Schönheit. Das sind keine unmöglichen Forderungen. Sie entsprechen den Sehnsüchten vieler Menschen. Und es gibt auch schon viele Versuche und Anfänge eines solchen neuen, ganz anderen Lebens mitten in unserer dunklen Zeit. (…)
Die Rückkehr zu uralten kulturellen und religiösen Traditionen ist das weiterreichende Ziel dieser Bewegung, die den Menschen Glück statt Produkte verspricht und nicht nur ihrem physischen, sondern auch ihrem seelischen Hunger Rechnung tragen will.

 

Robert Jungks im Jahr 1956 im Scherz Verlag (Bern, Stuttgart, Wien) erschienener Anti-Atom-Klassiker „Heller als tausend Sonnen. Das Schicksal der Atomforscher“ wurde im Jahr 2020 vom Rowohlt Verlag (Hamburg) neu herausgebracht.


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