Zum 12. Juni 1817

Bei diesem Urfahrrad – auch „Draisine“ oder „Veloziped“ genannt – läuft man und tritt nicht wie heute in die Pedale.

Lange schon ist Drais mit den Zuständen in Baden unzufrieden und hält es mit den Demokraten. Als am 11. Mai 1849 die Soldaten in den Garnisonsstädten meutern und der Großherzog vor seinen unzufriedenen Untertanen flieht, zeigt Drais, der wieder in Karlsruhe lebt, öffentlich Flagge. In der „Karlsruher Zeitung“ veröffentlicht er am 12. Mai 1849 die Niederlegung seines Adelstitels: „Ich (…) erkläre hiermit feierlichst und angesichts der deutschen souveränen Nation, dass ich auf dem Altar des Vaterlandes, der Freiheit, Gleichheit und Volkssouveränität alle und jede aus dem Feudalrechte, dessen tausendjähriger Druck Deutschlands Freiheit in Fesseln schlug, entspringende Vorrechte für mich und meine ehelichen und außerehelichen Nachkommen verzichte.“ Unterschrieben ist das Bekenntnis als „Drais, Professor, Bürger und Mitglied des souveränen deutschen Volkes.“
Klare Worte, die Folgen haben. Als preußische Truppen in Baden wieder den Status quo hergestellt haben, provozieren zwei Adlige den 64-jährigen Drais im Gasthaus „Goldenes Kreuz“, es kommt zu einer Loyalitätsprobe. Als sich der alte Herr weigert Schnaps auf die Gesundheit des Großherzogs zu trinken, misshandeln sie ihn schwer. Anschließend folgt die kalte Rache des alten Regimes. Zur Begleichung der Revolutionskosten streichen die Behörden Drais‘ erst die Pension, danach erklärt ihn ein politisch motiviertes medizinisches Gutachten wegen „Geistesschwäche und partieller Verbohrtheit“ für nicht mehr zurechnungsfähig. Den ohnehin kranken Erfinder verlässt darauf der Lebensmut. Am 10. Dezember 1851 stirbt er, 66-jährig, als verarmter Untermieter in der Zähringer Straße 43. Nur wenige mutige Freunde begleiten ihn auf seinem letzten Weg. Sein wichtigster Einfall indessen, erfunden nach dem Jahr ohne Sommer 1816, erhält der Nachwelt seinen Namen.

Aus: Jörg Schweigard, Schreckensjahr ohne Sommer, Frankfurter Rundschau vom 9. Dezember 2015

 

Literatur:

  • Marc Augé, Lob des Fahrrads. Mit Zeichnungen von Philip Waechter, Verlag C.H.Beck, München 2016 (3. Auflage)
  • Hans-Erhard Lessing, Wie Karl Drais das Fahrrad erfand. Kleine Geschichte der Laufmaschine, Lauinger-Verlag, Karlsruhe 2017

 

Das Deutsche Fahrradmuseum im unterfränkischen Bad Brückenau beschreibt die Geschichte des Fahrrads in den vergangenen 200 Jahren.


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