Schimpansen

SCHIMPANSEN sind eine Gattung aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Sie sind die nächsten lebenden Verwandten des Menschen – ihr Erbgut stimmt zu 98 Prozent mit dem unsrigen überein – und bewohnen das mittlere Afrika. Die Gattung teilt sich in zwei Arten, den Gemeinen Schimpansen, der häufig auch nur „Schimpanse“ genannt wird, und den Bonobo oder Zwergschimpansen. Dieser ist ausschließlich in den tief liegenden primären Regenwäldern des zentrale Zaire-Beckens, der Cuvette Centrale, in der Demokratischen Republik Kongo heimisch. Dort, im Kokolopori Bonobo Reservat, befindet sich der einzige natürliche Lebensraum der bedrohten Tiere. Ihn begrenzen große Flüsse – schwimmen kann er nicht. Die Naturschutzorganisation WWF geht davon aus, dass noch 10.000 bis 50.000 wild lebende Bonobos existieren. Vor 30 Jahren waren es vermutlich noch 100.000. Schätzungen zufolge trennten sich die beiden Arten vor 1,8 bis 0,8 Millionen Jahren. Bonobos gelten als die engsten Verwandten des Menschen. Sie teilen mit uns 98,7 Prozent des Erbguts.

Schimpansen sind intelligente und soziale Tiere. Sie benutzen ein breites Spektrum von Werkzeugen, um beispielsweise Nüsse zu knacken, Termiten zu angeln oder Leoparden zu vertreiben. Der Kommunikation untereinander dient eine Vielzahl akustischer und visueller Signale. Schimpansen können sowohl am Boden als auch auf den Bäumen nach Nahrung suchen, meist geschieht dies jedoch auf Bäumen. Am Boden bewegen sie sich wie Gorillas im Knöchelgang fort, das heißt dass sie sich auf die zweiten und dritten Fingerglieder aufstützen. Im Geäst klettern sie entweder mit allen vier Gliedmaßen oder bewegen sich an den Armen hängend fort. In der Regel sind Schimpansen tagaktiv. Zur Nachtruhe legen sie ein Blätternest in den Bäumen an, wobei sie üblicherweise jede Nacht ein neues Nest errichten. Schimpansen sind Allesfresser, die sich aber zum überwiegenden Teil von Pflanzen ernähren. Früchte und Nüsse stellen den Hauptbestandteil der Nahrung dar, daneben verzehren sie auch Blätter, Blüten, Samen und anderes Pflanzenmaterial. Schimpansen fressen aber auch regelmäßig Insekten und verschiedene kleine Säugetiere. Sie leben in Gemeinschaften von bis zu 80 Tieren, die sich aus mehreren Kleingruppen zusammensetzen. Während sich die Mitglieder innerhalb einer Gruppe in der Regel freundschaftlich verhalten, kann es mit anderen Schimpansengruppen zu heftigen Auseinandersetzungen kommen. Bei Revierkämpfen kommt es mitunter zu regelrechten Verfolgungsjagden, die nicht selten zu ernsthaften Verletzungen und sogar zum Tod einzelner Tiere führen können. Solch aggressives Verhalten ist ungewöhnlich für Primaten und findet sich außer bei den Schimpansen nur noch beim Menschen.

Während es vor 50 Jahren weltweit noch 1,5 Millionen Schimpansen gab, sind es heute infolge des Verschwindens ihres Lebensraums und durch Wilderei nur noch rund 100.000. Bonobos gelten als bedrohte Tierart, sowohl auf Grund des Verlustes ihres Lebensraumes als auch auf Grund der Bejagung durch den Menschen zum Verzehr. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN listet sie als stark gefährdet. Laut der Naturschutzorganisation WWF wird die Zahl der wildlebenden Bonobos auf etwa 15.000 bis 20.000 geschätzt (Stand 2022).

Erstmals haben Forscher eine in der Wildnis lebende Schimpansen-Mutter bei der Fürsorge für ihr behindertes Baby beobachtet. Sie erhoffen sich davon Erkenntnisse über die Entwicklung menschlichen Sozialverhaltens. In einer am 9. November 2015 veröffentlichten Zusammenfassung einer Studie in der Onlineausgabe von „Primates“ beschreiben die Wissenschaftler von der Universität Kyoto, dass sie 2011 im Mahale Mountains National Park in Tansania ein schwer behindertes Schimpansenjunges mit Symptomen, die dem Down-Syndrom ähnelten, entdeckt hätten. Sie beobachteten daraufhin die Affen-Gruppe über einen Zeitraum von zwei Jahren.

Junge Zwergschimpansen (Bonobos) gehen mit ihren Emotionen ganz ähnlich um wie kleine Kinder. Dabei spiele wie beim Menschen offenbar eine stabile Mutter-Kind-Beziehung eine große Rolle, berichteten Verhaltensforscher in den „Proceedings“ der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften (PNAS). Affenjunge, die gut mit eigenen Frustrationen umgehen können, seien eher bereit, auf andere zuzugehen und diese zu trösten. Zanna Clay und Frans de Waal von der Emory Universität in Atlanta (USA) hatten über fünf Monate zwei Gruppen junger Bonobos in einem Reservat in der Republik Kongo beobachtet und gefilmt. Insbesondere analysierten die Forscher, wie die einzelnen Tiere mit Stress umgingen und wie sie sich gegenüber ihren Artgenossen verhielten. Die Forscher stellten fest, dass einige Jungtiere eine Zurückweisung, etwa bei einem verlorenen Gerangel, schneller verkrafteten. Sie schrien kürzer und gingen schnell wieder zu ihrer normalen Tätigkeit über. Auffallend war, dass genau diese Jungen auch größeres Mitgefühl zeigten – sie streichelten, umarmten und beruhigten eher andere Jungtiere, denen ähnliches widerfahren war. In der Schutzstation leben neben einigen dort geborenen Jungen viele Waisen, deren Mütter Wilderern zum Opfer fielen. Diese konnten den Beobachtungen nach deutlich weniger gut mit Stress umgehen und zeigten auch geringere soziale Kompetenz als die Jungtiere mit intakter Mutterbeziehung. Dies zeige, dass bei Bonobos, ebenso wie schon für den Menschen nachgewiesen, die Mutter-Kind-Beziehung enorm wichtig für die Ausbildung emotionaler Selbstkontrolle und sozialer Beziehungen ist. Die Beobachtungen zeigten, dass dies bei den Zwergschimpansen ganz ähnlich wie beim Menschen gelernt wird, schließen die Forscher.

Lydia Luncz, deutsche Primatologin, die drei Jahre mit frei lebenden Schimpansen in der Elfenbeinküste verbracht hat, betont in einem in den Nürnberger Nachrichten vom 27./28.2.2016 veröffentlichten Gespräch mit Birk Grüling, „dass die Unterschiede zwischen Menschen und Affen deutlich kleiner sind, als wir lange wahrhaben wollten. Sie empfinden wie wir Empathie, sehnen sich nach Konformität in der Gruppe und haben enge soziale Beziehungen.“

Erstmals konnte beobachtet werden, dass Schimpansen sich nicht nur selbst, sondern auch Artgenossen medizinisch versorgen. Die neuen Erkenntnisse wurden am 7. Februar 2022 in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht.

3. April 1934: Jane Goodall, die Mutter der heutigen Schimpansenforschung, *


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