Libellen – Silberne Sonnenvögel, Edelsteine der Lüfte

Im Juli schlüpfen viele der heimischen Libellenarten. Dazu verlassen die unscheinbaren Larven ihr jahrelanges Unterwasserleben im Teich und verwandeln sich an einem Schilfhalm in den rasend schnellen und wunderschönen „Edelstein der Lüfte“ – sie schillern in metallischen Farben und sind echte Flugakrobaten.

LIBELLEN sind faszinierende Lebewesen, und das schon seit mehr als 300 Millionen Jahren. Als lebende Fossilien schwirren sie heute noch in fast unveränderter Form durch die Lüfte. Versteinerungen aus Urzeiten, wie zum Beispiel in den Kalkplatten aus Solnhofen bei Eichstätt, beweisen dies eindrucksvoll. Libellen waren damals zwar wesentlich größer, doch ihre wichtigsten Markenzeichen sind gleichgeblieben: ein filigraner Körperbau, sechs Beine und zwei hauchzarte Flügelpaare, die sie getrennt voneinander bewegen können. Diese Fähigkeit macht sie zu einzigartigen Flugkünstlern unter den Insekten: Sie können in der Luft „stehen“, abrupte Kehrtwenden ausführen und sogar rückwärts fliegen. Ingenieure haben das Flugprinzip des Hubschraubers bei den Libellen abgeschaut. Einige Libellenarten erreichen Fluggeschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern, steigen auf 2.000 Meter Flughöhe auf oder überqueren den Atlantik.

Laut der am 4. September 2021 vorgelegten aktualisierten Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind 16 Prozent von etwa 6.000 Libellenarten weltweit gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Hauptgründe seien die Zerstörung von Feuchtgebieten sowie Pestizide und andere Chemikalien in Gewässern. In Süd- und Südostasien und Zentral- und Südamerika verschwänden die Lebensräume der Libellen vor allem durch Waldvernichtung. In Nordamerika und Europa seien vor allem Schadstoffe das Problem sowie das Schrumpfen der Lebensräume und der Klimawandel. Als global bedroht gilt auch eine in Deutschland heimische Libelle: die Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) mit ihrer blau-schwarzen Zeichnung. Von den rund 80 heimischen Libellenarten stehen 48 auf der Roten Liste gefährdeter Insekten.

„Wenn aber ein Tier ganz und gar Poesie ist, als ein Wesen sich darstellt, scheinbar völlig unirdischer Art, wie aus Sonnenschein und Wellenfunkel entstanden, schnell wie ein Gedanke und flüchtiger denn ein Traum, dann versagt der Mensch: er weiß nicht, woher sie kommen und wohin sie gehen…
Mag ihr Leib auch in Edelerz und Karfunkelstein gekleidet sein, mögen ihre Flügel auch schimmern, als wären sie aus Tautropfen und Sonnenschein gewebt, ist ihr Flug auch herrlicher als der der Schwalben und vornehmer als der der Falter, er denkt nicht daran, ihr mit bewundernden Augen nachzusehen…“
(Hermann Löns, Wasserjungfern, zitiert aus: Natur + Umwelt BN-Magazin, Sonderausgabe Naturschutz 2001, 54)

Seit 2011 wählen die Gesellschaft für deutschsprachige Odonatologen (GdO), der Verband der Libellenkundler*innen, und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Libelle des Jahres aus, um auf die Vielfalt der Arten und ihre Bedrohung aufmerksam zu machen. Libelle des Jahres 2024 ist die Mond-Azurjungfer.


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