Laubfärbung
Romantiker vergleichen den Herbst mit einem Maler. Vor allem aber ist er der große Dynamiker unter den Jahreszeiten. Erst produziert er Millionen Tonnen Früchte, dann die glühendsten Farben und dann trifft er auch noch, äußerst raffiniert, Vorsorge für ein Überleben der Pflanzen im Winter.
Noch nicht lange kennt man den chemischen Prozess der Frostschutzmaßnahmen in allen Einzelheiten, der dazu führt, dass jetzt die Natur in den heißesten Farben glüht: Erst ziehen die Bäume den grünen Farbstoff Chlorophyll aus ihren Blättern ab, um die darin enthaltenen Nährstoffe in Ästen, Stamm und Wurzeln bis zum Frühjahr zu speichern. In den Blättern bleiben zunächst Substanzen wie Anthocyane oder Carotine, die, je nach Konzentration, die Blätter rot, gelb oder orange färben – feuerfarben eben. Zwischen Blatt und Zweig bildet sich etwas Kork, der die Nährstoffzufuhr kappt und als Sollbruchstelle dient. Wenn das verfärbte Blatt vertrocknet, fällt es deshalb, anders als früher angenommen, ohne einen Windhauch.
(Aus: Evelyn Scherfenberg, Natur in Flammen. Der Herbst, die Zeit der reifen Leistungen, Nürnberger Nachrichten vom 21./22. November 2000)