Insekten – Kleine Riesen

INSEKTEN sind die artenreichste Klasse der Gliederfüßer und zugleich die mit absoluter Mehrheit auch artenreichste Klasse der Tiere überhaupt. Würden wir sie zählen, so kämen auf jeden Menschen dieser Erde rund 1,4 Milliarden Insekten aus geschätzten 5,5 Millionen unterschiedlichen Arten. Es gibt eine schier unvorstellbare Menge und Vielfalt an sechsbeinigen Tieren, mit denen wir uns die Welt teilen. Beinahe eine Million Insektenarten sind bisher wissenschaftlich beschrieben worden. Damit sind mehr als 60 Prozent aller beschriebenen Tierarten Insekten. Nach verschiedenen Hochrechnungen rechnet man allerdings mit einem Vielfachen, wobei vor allem in den tropischen Regenwäldern noch Millionen unentdeckter Arten vermutet werden. Allein in Deutschland leben 33.000 Insektenarten. Näher untersucht sich davon bislang erst 7444 Arten. Mit Ausnahme der Ozeane sind Insekten in fast allen Lebensräumen und Gebieten der Erde zu finden. Dabei existiert die größte Artenvielfalt in den tropischen Gebieten, während in Extremlebensräumen wie den Polargebieten, den Hochgebirgen und den küstennahen Meeresgebieten nur sehr wenige, aber hochangepasste Insektenarten leben.

Aufgrund ihrer Vielfalt haben Insekten heute beinahe jede ihrer Größe angemessene ökologische Nische realisiert. Dabei spielt eine große Anzahl der Arten eine bedeutende Rolle bei der Remineralisierung organischer Stoffe im Boden, in der Bodenstreu, im Totholz und in anderen organischen Strukturen. Eine Reihe von Arten lebt als Nektar- und Pollensammler und spielt dabei eine wichtige Rolle bei der Pflanzenbestäubung. Weltweit werden fast 90 Prozent aller Blütenpflanzen und 75 Prozent aller wichtigen Nutzpflanzen von Insekten bestäubt. Eine Besonderheit innerhalb der Insekten stellen verschiedene Arten von staatenbildenden Insekten dar. Diese Form des Zusammenlebens hat sich mehrfach unabhängig voneinander bei den Termiten und verschiedenen Hautflüglern (Ameisen, Bienen, Wespen) entwickelt. Bei diesen Tieren kommt es zum Aufbau eines Insektenstaates, in dem die Einzeltiere bestimmte Rollen innerhalb der Gesellschaft übernehmen.

Die Insektenpopulationen sind nicht nur ein Hort ungeheurer Vielfalt und faszinierender Schönheit. Insekten erbringen überlebenswichtige Leistungen für unsere Ökosysteme. Die Lebensgrundlagen des Menschen sind eng mit dem Überleben der Insekten verknüpft.

Seit 1999 wird von einem unabhängigen internationalen Kuratorium das Insekt des Jahres gewählt und auf einer Pressekonferenz proklamiert. Zum Insekt des Jahres 2024  wurde der Stierkäfer gekürt.

Das Insektensterben ist ein ganz gravierendes, bisher stark unterschätztes Problem. Unter anderem Käfer, Falter, Bienen, Libellen, Heuschrecken und Wanzen sind betroffen. Ich schätze, dass die Masse der Insekten insgesamt seit den 1980er Jahren um mindestens ein Drittel abgenommen hat. Langzeit-Untersuchungen des Naturschutzbundes (NABU) in Nordrhein-Westfalen haben gezeigt, dass dort die Fluginsekten im letzten Vierteljahrhundert in manchen Gebieten sogar um bis zu 80 Prozent zurückgegangen sind. Die Entwicklung der Artenvielfalt bei Tagfaltern habe ich selbst untersucht. Sie sinkt seit über 100 Jahren spürbar ab, besonders dramatisch aber in den letzten 30 Jahren. Auch gibt es sehr viel weniger Nachtfalter. (…) Hauptgrund ist die Industrialisierung der Landwirtschaft – und hierbei der massenhafte Einsatz von Insektiziden sowie die Überdüngung der Böden durch Kunstdünger, Gülle und Ammoniak-Emissionen aus der Viehhaltung. Hinzu kommen die Stickstoff-Verbindungen, die aus Auto-Auspuffen und Schornsteinen stammen. Die bunten Blumenwiesen, die ich aus meiner Jugend kenne, gibt es fast nicht mehr. Sie wachsen nämlich nur auf mageren Böden, und die findet man kaum noch. Unsere Landschaft hat sich von Blüten entleert, und das ist eine Katastrophe für die Insekten, die von ihnen leben. Auch der Klimawandel setzt den Insekten zu. (Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg, in einem Interview mit Joachim Wille in: Franfurter Rundschau vom 21.6.2016)

Laut „Science“ ist die Menge der Landinsekten im Zeitraum von 1990 bis 2020 global um rund ein Viertel zurückgegangen, und zwar besonders stark in Europa und Nordamerika.

Was fliegt denn da? Der Insektenbestimmungsschlüssel des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (Nabu) hilft bei der Orientierung.

Literatur:


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