Unsere innere Uhr

Als erster Wissenschaftler hat im 18. Jahrhundert der französische Geophysiker Jean Jacques d’Ortous de Mairan die INNERE UHR untersucht. Seine Studienobjekte waren Mimosen. Er bemerkt, dass sich die Blätter der Pflanze immer schlossen, wenn es dunkel wurde. Daraufhin steckte er sie in einen Kasten und beobachtete, dass die Pflanze auch ohne die Tag-Nacht-Informationen des Lichts ihre Blätter öffnete und schloss. Er folgerte daraus, dass Pflanzen einen inneren Zeitgeber haben müssen. Erst sehr viel später, um 1950, stellten Forscher in den USA und Deutschland in einer ganzen Reihe von Versuchen in Dunkelheit fest, dass nicht nur Pflanzen, sondern auch Tiere und Menschen eine Art inneren Rhythmus besitzen. Der Molekularbiologe Seymour Benzer machte sich in den 1970er Jahren schließlich als erster daran, bei Fruchtfliegen nach Genen zu suchen, die den biologischen Rhythmus steuern.

„Ob Darm, Leber oder Hormonsystem, alle Gewebe haben einen Rhythmus von etwa 24 Stunden. Dirigiert wird das Ganze von zwei winzigen Zellhäufchen im Vorderhirn. Eine genauere Vorstellung bekommen wir, wenn wir uns zwei Linien denken: Die eine führt von einer Schläfe zur anderen, die zweite von der Nasenwurzel zum Hinterkopf. Am Kreuzungspunkt liegt der Suprachiasmatische Nukleus, abgekürzt: SCN. Das ist der Taktgeber, der die vielen Rhythmen im Körper koordiniert – die eigentliche innere Uhr. Sie bringt uns in Einklang mit den großen Rhythmen der Natur, mit dem Wechsel von Tag und Nacht, Helligkeit und Dunkelheit.“ (Russell G. Forster, Chronobiologe)

Unsere innere Uhr steuert – im Zusammenspiel mit dem Licht – einen Großteil der Körperprozesse. Sie beeinflusst neben dem Schlaf-Wach-Zustand auch Körpertemperatur, Blutdruck und Immunsystem. Man weiß heute, dass praktisch alle Zellen in unserem Körper eine innere Uhr haben. Es gibt keinen physiologischen Prozess, der nicht von der inneren Uhr beeinflusst wird. So steigt das Hormon Melatonin, das uns müde werden lässt, am Abend an und fällt morgens wieder ab. „Mittag“ empfinden wir dann, wenn die Sonne im Zenit steht – völlig unabhängig von der geltenden Uhrzeit. Unsere innere Uhr wird jedoch in der heutigen Zeit immer häufiger ignoriert. Rund 20 Prozent der Menschen arbeiten etwa nachts oder in Schichtarbeit – die Konsequenzen sind körperliche und auch psychische Beschwerden.

Das Fachmagazin „Science“ widmete der inneren Uhr in seiner Ausgabe vom 25. November 2016 einen Themenschwerpunkt.


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