Gezeiten

Wenn sich am Strand das Wasser ganz langsam zurückzieht, dann hat der Mond seine unsichtbare Hand im Spiel. Doch wie die Höhe und die Dauer der GEZEITEN im Einzelnen zustande kommen, ist nur mit dem Zusammenwirken der Anziehungskräfte zwischen Erde und Mond sowie zwischen Erde und Sonne zu erklären. Auch die Neigung der Erdachse, die Neigung der Erdumlaufbahn zur Bahn des Mondes sowie die Geografie beeinflussen die Gezeiten. Das Grundphänomen spielt sich jedoch zwischen Erde und Mond ab. Die Gravitationskraft des Mondes zerrt an der Materie des Planeten. Weil die Stärke dieser Kraft sich mit zunehmendem Abstand verringert, entstehen die Gezeiten.

Auf den Mond bezogen dauert eine Erdumdrehung knapp 25 Stunden. In dieser Zeit gibt es an den meisten Küsten je zweimal Hochwasser und zweimal Niedrigwasser. Bei Voll- und Neumond addieren sich die Gezeitenkräfte von Sonne und Mond zu einer besonders großen Tide, der Springtide, bei Halbmond dagegen ergibt sich eine besonders kleine Tide, die Nipptide. Die Gezeitenkräfte der Sonne betragen etwa 46 Prozent derjenigen des Mondes. Besonders große Gezeitenkräfte und Springtiden ergeben sich, wenn sich zusätzlich der Mond im erdnahen Bereich seiner Umlaufbahn befindet. Durch die zur Erdachse veränderliche Neigung der Mondbahn ergibt sich eine etwa jährliche Variation der Tiden.

Tausende Touristen haben am 21. März 2015 am Klosterberg Mont-Saint-Michel an der nordfranzösischen Küste das Naturspektakel einer „Jahrhundertflut“ bestaunt. Das Wasser stieg am Samstagmorgen rasch an und umschloss schließlich die Weltkulturerbestätte komplett. Der Meeresspiegel stieg vom tiefsten Punkt der Ebbe bis zum höchsten Punkt der Flut um rund 14 Meter. Möglich wird diese sogenannte Jahrhundertflut, die in Wirklichkeit alle 18 Jahre vorkommt, durch die Tatsache, dass Erde, Mond und Sonne seinerzeit auf einer Achse lagen. Dadurch wirken die Anziehungskräfte von Mond und Sonne auf das Meereswasser, die für Flut und Ebbe verantwortlich sind, besonders stark.

Die von Sonne und Mond erzeugten Gezeitenwellen sorgen für eine Durchmischung der Meere. Besonders in der Nähe ausgeprägter Unterwasserlandschaften wie Meeresrücken oder unterseeischen Bergen werden die Wassermassen von oben nach unten umverteilt, schreiben australische und US-Wissenschaftler im Fachblatt „Science“ (Bd. 301). Ein Großteil der Energie, die für diese Prozesse nötig ist, stecke in den Gezeitenwellen.


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