Alpen

Die ALPEN sind die größte Naturregion Mitteleuropas. Sie erstrecken sich über eine Fläche von 191.000 Quadratkilometern – das entspricht mehr als der Hälfte Deutschlands. Ihre Lebensräume sind enorm vielfältig: warme, weite Täler, sanfte Hügel, tiefe Gebirgsschluchten bis hin zu Eis- und Steinwüsten in den Gipfelregionen. Denn die Alpen werden beherrscht von natürlichen, manchmal gewaltigen dynamischen Prozessen: Föhnstürme, Lawinen, Steinschläge, Überflutungen und harte Winter. Diese geologischen Prozesse sind charakteristisch für die Alpen. Sie zerstören kurzfristig und schaffen zugleich immer wieder kontinuierlich neuen Lebensraum für Pflanze und Tier. Sie sind die treibende Kraft für die biologische Vielfalt. Die Alpen zählen daher zu den 238 wichtigsten Ökoregionen der Erde, den Global 200. Rund 30.000 Tier- und 13.000 Pflanzenarten zeugen von einer atemberaubenden Vielfalt der Natur. Zu den bekanntesten zählen Steinböcke, Gämse, Wölfe, Luchse, Steinadler und Braunbären. Darüber hinaus kommen hier viele Pflanzenarten vor, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Die Alpen bilden auch das größte Wasserreservoir Europas. Mächtige Flüsse wie der Rhein, die Rhône oder der Po entspringen hier. Die Bergwälder tragen wesentlich zur Luftreinigung, zur Klimastabilität und zur Sicherung der Berghänge bei.

Doch der höchsten Gebirgskette Europas droht Gefahr. Gipfel und Berghänge geraten ins Bröckeln. Nicht nur die Gletscher schmelzen, auch das unsichtbare Eis in Klüften und Spalten der Felsmassen taut wegen der steigenden Temperaturen. Ohne dieses „Eis-Zement“ verliert der Fels seinen Halt. Auch in den Tälern wird das Gestein mürbe. Starke Niederschläge bringen gewaltige Erdmassen ins Rutschen. Die Klimaveränderung macht die Alpen gefährlicher und unberechenbarer. Auch der Artenvielfalt der Alpen droht ein Rückgang: Zu den großen Verlierern gehören alle Tiere und Pflanzen, die es kalt mögen. Die Erderwärmung bedroht die Bestände von Äschen, Barschen und Bachforellen, Birkhühnern und Schneehasen, Auwäldern und vieler Alpenpflanzen. In den Alpen wird sich der Temperaturanstieg dreimal so stark bemerkbar machen wie im Flachland der gemäßigten Breiten. Viele Pflanzen und Tiere werden versuchen, in höher gelegene Regionen auszuweichen. Insgesamt kann sich der Vegetationsgürtel so um 400 bis 700 Meter nach oben verschieben – wo es naturgemäß weniger Lebensraum gibt. Der Weltklimabericht der UN geht auch deshalb davon aus, dass bis zu einem Drittel der globalen Artenvielfalt auf dem Spiel steht.

„Gar keine – das Ganze ist eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Die Alpen sind eine faszinierende Landschaft, die den Menschen sehr große Erlebnisse bescheren kann. Aber immer nur dann, wenn der Mensch auch die Gefährlichkeit und Bedrohung der Alpen erlebt. Er hat die Alpen nie im Griff. Und der Mensch merkt, wenn er sich in ihnen aufhält, dass die Alpen auch etwas haben, was größer ist als er selbst. Das gehört dazu. Dieses Element fehlt aber im Skigebiet, wo alles hergerichtet ist, wo alles problemlos und leicht konsumierbar ist. Wo ich bezahle für vorgefertigte Erlebnisse, die Tausende andere auf die identische Weise erleben. Das ist kein Erlebnis der Alpen. Das ist das Erlebnis eines Freizeitparks. Das hat mit der Natur der Alpen überhaupt nichts zu tun. Wenn man die Alpen wirklich erleben will, dann muss man zu Fuß unterwegs sein. Eine andere Art, die Größe der Alpen wirklich zu erleben, gibt es nicht.“
Der Alpenforscher Werner Bätzing auf die Frage, Wie viel Naturerfahrung im Skifahren steckt (Frankfurter Rundschau vom 18. Januar 2023)


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