„Das Reich Gottes ist eine gegenwärtige Realität.“

„Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen.“ (Lukas 18,17)

Ein Kleinkind lebt gänzlich in der Gegenwart. Das Reich Gottes jetzt war das Kernthema der Lehre Jesu. So wie Jesus glaube ich an das Reich Gottes hier und jetzt, und so wie er bemühe ich mich, es in der Gegenwart zu leben.

Dieses Reich ist eines, das bestärkt und befähigt, und nicht, ganz bestimmt nicht, eines, das despotisch beherrscht. Das wurde durch die Lehre Jesu großartig zum Ausdruck gebracht, das zeigte sich in der Art und Weise, wie er mit seinen Freunden und Nachbarn zusammenlebte. Viele von ihnen reagierten begeistert auf seine Reich-Gottes-Bewegung. Lange Zeit vor seinem Tod befähigten ihr Vertrauen und ihre Freude im Reich Gottes sie, alles miteinander zu teilen, einander zu heilen und es so in ihre Mitte zu bringen. Sie haben seine Gegenwart so intensiv verspürt, dass diese Gewissheit ganz selbstverständlich nach Jesu Hinrichtung weiterhin anhielt. Und tatsächlich: Er lehrte sie weiter in der Gegenwart, und er tut dies bis zum heutigen Tag.

Freunde (Quäker) sind von seiner befähigenden Anwesenheit heute noch überzeugt. In der Art, wie sie leben, bemühen sie sich, das Reich Gottes aufzubauen. All ihre Zeugnisse lassen darauf schließen, wie sie leben und wo sie tief engagiert sind. Diese Zeugnisse sind: Wahrheit, Gleichheit, Einfachheit und Frieden. Sowohl für den einzelnen als auch für die Gruppe kommt die Führung vom Inneren Licht, dem Licht Christi. Jeder kann es erfahren ganz unabhängig von Geschlecht, Alter, Rasse, Religion oder Nationalität. Die Grenzen des Verhaltens des einzelnen sind durch „Gottes Ordnung” (Gospel Order) bestimmt, in der individuelle Einsichten gegenüber den Einsichten der versammelten Gruppe geprüft werden. Das Licht (Christi) ermöglicht ein Verständnis für ein Leben, wie es Jesus gelebt hat, und zeigt den Weg, es selber zu leben. Das Reich Gottes ist eine gegenwärtige Realität.

„Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte; man wird auch nicht sagen: siehe, hier! oder: dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“  (Lukas 17,21)

Meine kleine Darlegung möchte ich mit einem meiner Lieblingsgebete beschließen:

Ich bitte um tägliches Brot,
doch nicht um Reichtum, auf dass ich die Armen nicht vergesse.

Ich bitte um Stärke,
doch nicht um Macht, auf dass ich die Sanftmütigen nicht verachte.

Ich bitte um Weisheit,
doch nicht um Gelehrsamkeit, auf dass ich die Einfachen nicht gering schätze.

Ich bitte um einen guten Ruf,
doch nicht um Ruhm, auf dass ich die Bescheidenen nicht verachte.

Ich bitte um Seelenruhe,
doch nicht um müßige Stunden, auf dass ich nicht versäume zu horchen, wenn die Pflicht ruft.

Inazo Nitobe (1909), aus: Quäker Glauben & Wirken (2001)

Carolyn Edrich, Juli 2013


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